Sonntag, 2. April 2023

Die aus der Zeit Gefallenen

Artwork by Paul Mann & Richard Amsel

Die 1970er waren eine seltsame Zeit für hartgesottene Nachkriegshelden. Egal ob zynische Privatermittler wie Philip Marlowe oder kalte Krieger wie James Bond. Zwei recht ähnliche Helden, geschaffen von ehemaligen Journalisten und Weltkriegsveteranen. Der eine erblickte 1939 das Licht der literarischen Welt und wurde zu dem hardboiled detective schlechthin, der andere debütierte 1953 und wurde der berühmteste aller Geheimagenten. Die beginnenden Siebziger mit ihren politischen Umbrüchen und über den Haufen geworfenen Idealen ließen beide wie anachronistisch wirkende Klischees aussehen.  

Und so kamen vor einem halben Jahrhundert zwei Filme in die Kinos, die beide Helden mit einem ähnlichen Ansatz in dieses turbulente Jahrzehnt transportierten. Robert Altmans THE LONG GOODBYE (Der Tod kennt keine Wiederkehr) und LIVE AND LET DIE (Leben und sterben lassen). Beide beruhten auf Romanen aus den frühen 1950er Jahren, die sie mit einem kontrastierenden Hauptdarsteller und dem ironischen Spiel mit den eigenen Klischees in das Jahr 1973 übersetzten. Zum Teil ähneln sich sogar die Handlungen in gewissen Details.

Sonntag, 19. März 2023

"Er ist an einem toten Punkt angelangt"

Starlog Artikel über Lizenz zum Töten
Kürzlich habe ich einige alte Filmmagazine aus dem Jahr 1989 erstanden, hauptsächlich wegen Artikeln zu BATMAN, mit dessen fulminanter Werbekampagne ich sehr nostalgische Gefühle verbinde (siehe dazu auch hier oder hier). Interessant sind aber auch die Artikel zu anderen Werken dieses denkwürdigen Filmjahres, darunter vor allem einer in der Zeitschrift Starlog zu Lizenz zum Töten, vom renommierten Autoren Lee Goldberg. Erstaunlich vor allem, weil Goldberg hier bereits im September 1989, als sich der vergleichsweise geringe Erfolg des Films noch nicht vollständig abzeichnete, die Mauer noch nicht gefallen war und noch niemand etwas vom folgenden Rechtsstreit ahnte, das Franchise in einer existentiellen Krise sieht.

Timothy Dalton äußerte sich ebenfalls dahingehend, dass Lizenz zum Töten seinem Bauchgefühl nach der letzte Bondfilm sein könnte. Woher kam dieses Gespür für einen gewissen 'Hauch des Todes', das Franchise betreffend, noch bevor es dann tatsächlich in seine bisher schwerste Krise stürzte?

Sonntag, 12. Februar 2023

Der große Bruch

Celluloid broken, metaphor for Craig Bond era
Die Filme mit Daniel Craig als Bond brachen mit mehr franchise-eigenen Traditionen als jede andere Darsteller-Ära davor. Darunter zahlreiche eherne Prinzipien, nach denen Albert R. Broccoli das Franchise ursprünglich einmal 40 Jahre lang erfolgreich am Laufen gehalten hatten. Ich habe versucht, hier mal alle diese Traditionsbrüche aufzulisten. Insgesamt bin ich auf sage und schreibe 27 Punkte gekommen, wobei ich natürlich nicht automatisch alle davon negativ sehe. Geordnet habe ich sie absteigend nach Gewichtung, also eher subjektiv. Bei manchen Punkten kann man sicher streiten, andere Dinge habe ich vielleicht übersehen.

Interessant ist dabei, dass sich viele Brüche bereits mit dem letzten Brosnanfilm DIE ANOTHER DAY (Stirb an einem anderen Tag, 2002), der von vielen Fans als misslungener Irrweg empfunden wird, abzeichneten. 



Sonntag, 1. Januar 2023

2023

Allen Bondfans und Lesern meines Blogs, der im vergangenen Jahr 20 Jahre alt wurde, wünsche ich ein phänomenales, erfolgreiches und vor allem gesundes neues Jahr 2023! Nach 60 Jahren James Bond 2022 feiern wir in diesem Jahr 70 Jahre James Bond - des literarischen Ur-Bonds, den Ian Fleming 1953 in Casino Royale in die Welt entließ. Hoffen wir, dass sich dieses Event etwas weniger wie eine Pflichtübung anfühlt. Außerdem wird der Kinosommer '23 sicher geprägt von Ethan Hunt - der sich in den letzten Jahren als besserer Hoffnungsträger des Agenten-Actionkinos erwiesen hat - in MISSION: IMPOSSIBLE - DEAD RECKENING PART ONE. Und das Bond-Debüt von Sir Roger Moore, LIVE & LET DIE, wird in diesem Jahr 50. Weitere Jubiläen sind FROM RUSSIA WITH LOVE (60 Jahre), OCTOPUSSY und NEVER SAY NEVER AGAIN (jeweils 40 Jahre).



Freitag, 9. Dezember 2022

Film-Magie in Bildern


Making Movie Magic - The Photograph

Der britische Spezialeffekte-Supervisor und Designer John Richardson arbeitete an insgesamt neun Bondfilmen, angefangen mit der Bondparodie Casino Royale 1967, bei der er seinem Vater Cliff Richardson assistierte. Der Mini-Jet in Octopussy, der durch einen Hangar fliegt, die Jagd auf einem gefrorenen See in Der Hauch des Todes oder die Tankerjagd in Lizenz zum Töten - all das entstand unter der Mitwirkung von John Richardson.  Dabei ist Bond nur ein kleiner Teil seiner über 50jährigen Karriere mit über 100 Filmen. Darunter Klassiker wie 18 Stunden bis zur EwigkeitDas OmenBarry LyndonSupermanAliens oder die Harry-Potter-Reihe. Mit Roger Moore arbeitete er an Flucht nach Athena und Sprengkommando Atlantik zusammen. Für Aliens wurde er mit dem Oscar und dem BAFTA Award ausgezeichnet, für CliffhangerStarship Troopers und zwei Potter-Filme war er jeweils nominiert. 

Über sein reichhaltiges Leben im Dienste der Film-Magie schrieb John Richardson 2019 das Buch Making Movie Magic. Da es nur wenige Fotos enthielt, werden diese nun in einem eigenen Buch nachgereicht: Making Movie Magic - The Photographs. Nicht nur für Bondfans ein faszinierender und umfassender Einblick in die Entstehungsgeschichte zahlreicher Filmklassiker.

Sonntag, 27. November 2022

Die versteckte Symmetrie der Roger-Moore-Bondfilme

Die Amtszeit von Sir Roger Moore als James Bond 007 ist - obwohl sie oft wenig Liebe von vielen Fans und Kritikern erfährt - die für mich vollständigste und rundeste. Und auch die, die am meisten Spaß macht. Ein interessanter Aspekt von vielen ist dabei eine gewisse Symmetrie in den fünf Filmen. Ausgehend von MOONRAKER als Mittelpunkt kann man erstaunliche Parallelen in den sich zeitlich jeweils gegenüberliegenden Filmen erkennen, auf die ich hier (mit einem kleinen Augenzwinkern) einmal näher eingehen möchte.


Symmetrie der Roger-Moore-Filme

Dienstag, 25. Oktober 2022

Das Buch zum Phänomen Filmtourismus

Filmtourismus ist in den letzten Jahren zu einem immer bedeutenderen Faktor geworden. Waren es früher einmal nur ein paar wenige Fans, die sich intensiver dafür interessierten, wo genau ihre Lieblingsfilme gedreht wurden, wird die Wechselwirkung zwischen Kunst und Geographie mittlerweile sowohl von Produktionsfirmen als auch von Städten und sogar Ländern aktiv gesucht und geplant. Film- und Serientourismus können mittlerweile ganze Orte massiv aufwerten und sogar erhalten. 

Die bekannteste Autorin zu diesem Thema ist die Hamburgerin Andrea David, die ihre zahlreichen Reisen und Impressionen für ihre Seite Filmtourismus.de und den dazugehörigen Kanälen in einem Buch veröffentlicht hat: Szene für Szene die Welt entdecken, erschienen im Conbook-Verlag. Das Bond-Franchise mit seinen über den ganzen Globus verteilten Drehorten hat darin ein eigenes Kapitel.

Donnerstag, 13. Oktober 2022

Jenseits des Eises

Vor zwanzig Jahren fieberten Fans in aller Welt dem neuen James-Bond-Film entgegen, diesmal der zwanzigste in vierzig Jahren. Ein großes Jubiläum, das viel versprach und auf das man gern auch ein Jahr länger gewartet hatte. Für viele Fans erwies sich der Film dann jedoch als Enttäuschung. 

Pistole in Eis
Nichtsdestotrotz machte die Vorfreude und auch das Marketing des Films enormen Spaß. Denn Stirb an einem anderen Tag war nicht nur der erste Bondfilm, bei dem ich Neuigkeiten zum Film fast ausschließlich über das Internet erfuhr, sondern diese auch mit anderen Fans dort in Foren diskutierte. In vielen dieser Foren - wie dem deutschen Bondforum oder dem von CommanerBond.net - ist diese früher so lebhafte Diskussion aber mittlerweile etwas eingefroren, zugunsten von Gruppen in 'sozialen Medien'.

Ein kleiner nostalgischer Rückblick auf diese erkalteten Lagerfeuer des Fandoms. 

Dienstag, 4. Oktober 2022

Heute vor 60 Jahren...

 ... war die Weltpremiere des ersten James-Bond-Kinofilms DR. NO! Die beiden Produzenten Albert R. Broccoli und Harry Saltzman hatten den von Ian Fleming geschaffenen Super-Agenten in einer wunderbaren Oppulenz auf die große Leinwand gezaubert. Die letzten Jahre haben mir klar gemacht, dass ich mehr als alles andere ein Fan von 'Albert R. Broccolis James Bond' bin, also des Leinwandhelden, den 'Cubby' Broccoli erst zusammen mit seinem Partner Saltzman und dann ab 1974 allein in einer bewundernswerten Lebensleistung schuf. Von allen an einem Film Beteiligten wird dem Produzenten gemeinhin am wenigsten zugestanden, Künstler zu sein. Und doch sind vor allem die Filme von 1962 bis 1989 ein grandioses Gesamtkunstwerk, das in dieser Form davor und danach kein anderer Produzent zustande brachte. 

Für diese wunderbaren Jahre und Filme gilt Albert R. Broccoli mein ganz besonderer Dank, zusammen mit Ian Fleming, Harry Saltzman, Richard Maibaum, Ken Adam, John Barry, Terence Young, Guy Hamilton, Lewis Gilbert, Peter Hunt, John Glen, und den vielen anderen Mitwirkenden, und von den Darstellern besonders Sean Connery, Roger Moore, Timothy Dalton, Desmond Llewellyn, Bernard Lee und Lois Maxwell!


 

Mittwoch, 28. September 2022

Neues aus der Büchse der Pandora

Die James-Bond-Filme feiern in diesem Jahr ihr sechzigjähriges Jubiläum. Gefeiert werden aber vorrangig die beiden Produzenten Barbara Broccoli und Michael G. Wilson. Hollywood scheint sie mit Preisen dafür zu überschütten, dass sie aus der Demontage des einstigen Superagenten reichlich Kapital geschlagen haben. Wenn es um Bond geht, dann vor allem um die Craig-Ära. So sind im Trailer zur Dokumentation The Sound of 007 nur Ausschnitte aus Craigfilmen zu sehen, wie die Webseite Spy Command feststellt. 

Auch dazu, wie es mit dem Franchise weitergehen soll, haben sie sich geäußert, und es lässt wieder einmal nichts wirklich Gutes erahnen.  

Freitag, 2. September 2022

Das Buch zum Film

Romane zu Bondfilmen
Vor 45 Jahren begann eine Tradition, die vor 20 Jahren wieder endete: Roman-Adaptionen von James-Bond-Filmen. Hintergrund war, dass für den 10. Bondfilm THE SPY WHO LOVED ME (Der Spion, der mich liebte, 1977) nur der Titel des entsprechenden Romans von Ian Fleming aus dem Jahre 1962 zur Verfügung stand. Handlung und Charaktere mussten vollständig neu erdacht werden, da der Roman eher experimentell und minimalitisch ist und von Fleming nicht als verfilmbar angesehen wurde. Also beauftragte man Christopher Wood mit einer Adaption des von ihm gemeinsam mit Richard Maibaum erstellten Drehbuches. 

Roman-Adaptionen von Filmen waren bis in die 80er Jahre eine sehr erfolgreiche Vermarktungsmöglichkeit, da sie vor Entwicklung der Heim-Video-Systeme eine willkommene Möglichkeit boten, zwischen Kino- und Fernsehaufführung noch einmal in die Welt des Films einzutauchen. Ihre Tradition reicht bis weit in die Stummfilm-Ära zurück. Oft arbeiteten Autoren zeitgleich an Drehbuch und Roman, wie Edgar Wallace für KING KONG (1932) oder Alister MacLean für WHERE EAGLES DARE (Agenten sterben einsam, 1968), und Franchise-Schöpfer wie Gene Roddenberry oder George Lucas nahmen dafür die Feder sogar persönlich in die Hand.

Christopher Wood begnügte sich allerdings nicht mit der meistens üblichen sprachlichen Ausschmückung der Filmhandlung, sondern er brachte eine eigene Tonalität ein, setzte einige seiner äußerst phantasievollen Ideen um, die es nicht in den Film geschafft hatten - manche davon recycelte man für spätere Filme - und wandte einen Kniff an, der einen Trend in Gang setzte.

Montag, 1. August 2022

Der Name ist Moore

Vor einem halben Jahrhundert - am 1. August 1972 - wurde Roger George Moore in einer Pressekonferenz im Londoner Dorchester-Hotel der Öffentlichkeit als neuer James Bond vorgestellt. Anschließend posierte er mit Zigarre und Champagnerglas vor dem Dach-Pavillon des Hotels. Das Dorchester hat eine lange Bondtradition. Auch George Lazenby wurde dort der Presse vorgestellt, für jüngere Bondfilme hielt man dort Konferenzen ab und schließlich ließ William Boyd Bond in Solo dort seinen 45. Geburtstag verbringen. Und fast 45 war Moore auch, als er die Rolle übernahm. 

Stark gemacht für ihn als Bonddarsteller hatte sich vor allem Harry Saltzman, der dann allerdings nach Moores zweitem Film als Produzent ausstieg. Kurz nach dem Pressetermin im Dorchester reisten Moore und die Filmcrew in die Vereinigten Staaten, um sein Debüt LIVE AND LET DIE zu drehen. Und es sollten noch sechs weitere wunderbare Filme folgen.

Roger Moore announced as new Bond at Dorchester in 1972


Freitag, 22. Juli 2022

Die Welt hat nicht genug

Verschmutzte, überfüllte Städte, Menschen mit Atemschutzmasken, brutale Räumkommandos der Polizei, ... Die Bilder des Films SOYLENT GREEN (Jahr 2022... die überleben wollen...) von 1973, die das Jahr 2022 zeigen sollen, erinnern tatsächlich auf eine fast schon gespenstische Weise an unsere Gegenwart. Und auch einige andere herausragende Science-Fiction-Filme vor allem aus der ersten Hälfte der 1970er Jahre verweisen mit ihren dystopischen Vorausschauen mehr oder weniger direkt in unsere Zeit. 

Einer der Gründe für diesen Trend war die Studie Die Grenzen des Wachstums, die der Club of Rome, finanziert von der Volkswagenstiftung, Anfang 1972 veröffentlichte. Die Simulation eines Computers unter Leitung des MIT-Ökononem Dennis Meadows regte ernsthafte Diskussionen darüber an, ob die Straße des stetigen Wachstums - statt zu immer größerem Wohlstand und Fortschritt, wie noch in den goldenen Sechzigern angenommen - auch in den Untergang führen könnte. So sagte etwa der Nobelpreisträger Linus Pauling 1976 auf einer Tagung, dass in etwa 50 Jahren "die größte Katastrophe in der Menschheitsgeschichte eintreten werde". 

Selbst in den ungebremst eskapistischen Abenteuern der James-Bond-Reihe der 1970er findet sich etwas von dieser Besorgnis wieder, und sie inspirierte in Der Spion, der mich liebte einen neuen Typus von Bondgegenspieler.

Sonntag, 3. Juli 2022

Danke!

Vor einigen Tagen verkündete Bond-Produzentin Barbara Broccoli laut dem Magazin Deadline, dass es mindestens zwei Jahre dauern werde, bis man überhaupt ein Drehbuch in Auftrag geben könne, da man James Bond komplett neu erfinden müsse. Vielen Fans stößt es sauer auf, dass sie so lange auf ein neues Bond-Abenteuer warten müssen, immerhin addieren sich zu diesen 'mindestens' zwei Jahren ja dann noch die komplette Produktion samt Drehbuch-Entwicklung, Casting, etc. Auch das "neu erfinden" löst bei vielen Unwohlsein aus, ist Bond doch eigentlich als Charakter nach 60 Jahren Film- und fast 70 Jahren literarischer Geschichte mehr als klar umrissen. Aber sind die Fans in diesem Punkt nicht etwas kleinlich? Bond & Beyond versucht einen Gegenpol zum allgemeinen Lamentieren.

Mittwoch, 22. Juni 2022

Der a-ha-Effekt

Vor 35 Jahren, am 22. Juni 1987, wurde der Titelsong für THE LIVING DAYLIGHTS von der norwegischen Gruppe a-ha veröffentlicht. Auch das Musikvideo dazu erschien an dem Tag, das in der legendären 007-Stage in Pinewood gedreht wurde. Obwohl die Zusammenarbeit zwischen dem norwegischen Trio und Bond-Altmeister John Barry von beiden Seiten als äußerst schwierig beschrieben wird und Kritiker den Song nicht mögen, ist es einer meiner Lieblings-Titelsongs des Franchise.

Der Dokumentarfilm A-HA - THE MOVIE von 2021 gibt ein paar Einblicke in die Entstehung des Songs.


Donnerstag, 9. Juni 2022

Agenten und Agenden

In seiner 1959 veröffentlichten Kurzgeschichte Quantum of Solace, die zum Titelgeber des 22. Eon-Bondfilms wurde, verließ Ian Fleming die typische Bondwelt und entwarf anhand der Liebesgeschichte zwischen einem Beamten und einer Stewardess eine Theorie über das Funktionieren von Beziehungen. Gemäß Fleming funktionieren sie so lange, wie sie beiden ein gewisses Minimum an Trost geben kann. Ist dieser Mindest-Schwellwert unterschritten, können sich Liebe und Zuneigung in Eiseskälte und sogar Hass verwandeln. 

Nun ist die Beziehung zwischen den Machern eines Franchises und dessen Fans der zwischen Mann und Frau gar nicht so unähnlich. Immerhin setzt schon der Begriff Fan eine über das Normale hinausgehende Leidenschaft voraus. Wie der schüchterne Beamte Philip Masters in Flemings Kurzgeschichte ist auch der durchschnittliche Fan durchaus bereit, viele Kapriolen des Objektes seiner Leidenschaft hinzunehmen und ihm trotzdem die Treue zu halten. Erst wenn gewisse ungeschriebene Verträge von einer Seite aufgekündigt werden und das 'Quantum an Trost' unterschritten wird, findet die Fantreue ihr Ende. Keine Zeit zu sterben hat das bei zahlreichen Fans nach fast 60 Jahren und 24 Filmen geschafft. Aber auch andere langjährige Franchises wie Star Trek oder Star Wars scheinen in jüngerer Zeit das finale Quantum Trost verletzt zu haben. Doch worin liegt das genau? Macher und Fans - Versuch einer Paartherapie in drei Teilen.


Samstag, 21. Mai 2022

Bond & Beyond wird 10

Vor genau zehn Jahren, am 21. Mai 2012, habe ich diese Seite gestartet. Ein Jahrzehnt, in dem es drei neue Bondfilme gab, die Gründung eines deutschen James-Bond-Fanclubs und zahlreiche Events und Location-Besuche. 

Hier ein Rückblick auf die schönsten Erlebnisse und Highlights aus diesen zehn Jahren:



Samstag, 7. Mai 2022

Willkommen im Limbus, Mr. Bond

Im Interview mit Variety anlässlich einer Theaterpremiere sagte Bondproduzentin Barbara Broccoli vor einigen Tagen auf die Frage, ob es schon einen Nachfolger für Daniel Craig gebe, dass der Prozess der Darstellersuche sehr viel Zeit in Anspruch nehmen werde. Es ginge nicht nur darum, einen geeigneten Schauspieler zu finden, sondern im Zusammenhang damit auch um die gesamte Neu-Ausrichtung des Franchise. Man sollte daher wohl im großen Jubiläumsjahr 2022 keine bedeutenden Neuigkeiten erwarten.

Eigentlich sollte der Casting-Prozess kein derartig weltbewegender Prozess sein. Die Vorgaben für die Rolle werden in den Romanen gemacht und sind relativ klar umrissen. Damit wäre dann ein Zurück zum Ursprung gegeben - etwas, was die Bondreihe bisher fast immer bei einer Neubesinnung gemacht hat, und das sehr erfolgreich. Zuletzt mit Casino Royale
. Aber auch andere Aussagen von Broccoli lassen erahnen, dass man mindestens eine Franchise-Pause wie die zwischen Lizenz zum Töten und GoldenEye oder den letzten beiden Craigstreifen erwarten sollte.

Sonntag, 1. Mai 2022

Vorwärts in die Vergangenheit?

Aston Martin DB5 vor Big Ben
Nach dem Ende der Craig-Ära und der kreativen Sackgasse, in die sie das Franchise befördert hat, liest man immer wieder den Wunsch von Zuschauern und Fans, zukünftige Bondfilme doch in der Vergangenheit - vorzugsweise den 1960er Jahren - anzusiedeln. Zum einen sollte dadurch das Problem gelöst werden, Bonds Tod im nächsten Film dramaturgisch zu verarbeiten - in der Vergangenheit war er ja eben noch lebendig. Zum anderen sollen sich die Bondfilme dadurch wieder 'bondiger' anfühlen, mit dem Hintergrund des Kalten Krieges und seiner binären Weltsicht, und natürlich weniger komplizierten sexuellen Interaktionen zwischen Mann und Frau. 

Aber kann man den Umständen unserer Zeit, die letztendlich buchstäblich toxisch für Bond wurden, wirklich so einfach entkommen?

Sonntag, 20. März 2022

Das Auseinander-Gen

Die MISSION:IMPOSSIBLE-Filme mit Tom Cruise werden oft dafür kritisiert, Ideen von Bondfilmen zu kopieren, vor allem für Actionszenen. Grundsätzlich eigentlich keine so unübliche Praxis, immerhin hatten beispielsweise auch Christopher Nolans Batman-Filme einige sehr schöne Bondanleihen. Es gibt aber auch den umgekehrten Fall. Die Idee einer Liebesgeschichte, bei der als trennende Schicksalsmacht ein Designer-Virus fungiert, mit dem der Schurke die Welt bedroht, hatte MISSION: IMPOSSIBLE schon gute zwanzig Jahre vor Keine Zeit zu sterben - sogar mit Musik von Hans Zimmer.

In beiden Filmen gibt es eine sehr ähnliche Sequenz, bei der die Biowaffe aus einem Hochhaus entwendet wird. Auch andere Szenen ähneln sich.

Freitag, 11. März 2022

007 and counting

Plattenspieler mit Liebesgrüße-aus-Moskau-Platte
Das von Monty Norman komponierte und von John Barry erweiterte und eingespielte James-Bond-Theme ist eine der berühmtesten Melodien der Filmgeschichte. Es fängt die spannungsgeladene Agenten-Atmosphäre perfekt ein und ist bereits nach wenigen Takten erkennbar. Und doch muss ich sagen, dass mir manchmal - vor allem wenn ich andere Kompositionen für Leinwandhelden höre - etwas an dem Stück fehlt. Etwas heroisches, romantisches, abenteuerliches und vielleicht auch pathetisches, das dazu führt, dass man die Melodie auch um ihrer selbst willen gern hört. Ich habe das beispielsweise wesentlich mehr bei dem Hauptthema, das Jerry Goldsmith 1982 für FIRST BLOOD und die weiteren Rambo-Filme schrieb, aber auch bei Bill Contis Musik für ROCKY oder John Williams berühmten Marsch für Indiana Jones.

Den meisten Nicht-Fans ist gar nicht bewusst, dass es ein alternatives Thema für die Figur James Bond 007 gab - genauso wie es verschiedene Logos gab - welches genau diese augenzwinkernd-schwelgerische Note hat, die dem Bond Theme fehlt.

Dienstag, 18. Januar 2022

Bestenliste 2.0

Nach dem Erscheinen des letzten Streifens Keine Zeit zu sterben auf DVD und Bluray ist es Zeit, alle Bondfilme in einer Bestenliste zu ordnen. Die letzte Liste dieser Art gab es hier im Juni 2020 nach Abschluss meines Bondmarathons




Freitag, 14. Januar 2022

A Spider's Touch

Auf den letzten Metern des vergangenen Jahres 2021 hat Spider-Man Bond in puncto Einspielergebnis noch locker überflügelt, mit Zahlen, als ob es keine Corona-Beschränkungen gäbe. Ich glaube, das liegt nicht nur an der allgemeinen Marvel-Manie. Dem Film wurde ein teilweise schon überzogener Fan-Service vorgeworfen, aber vermutlich liegt genau darin auch seine Stärke. Und damit beweist er, dass man einen Franchise-Beitrag vorrangig für Fans machen kann und trotzdem - oder gerade deshalb - ein großes allgemeines Publikum erreichen kann. Das Argument, dass man Bondfilme nicht für die Fans machen kann, entlarven solche Filme als opportunistischen Selbstbetrug. Das Gegenteil ist wahr: Wenn man einen Film macht, den die Fans lieben, trifft man automatisch die Seele eines Franchise und macht es auch für Normal-Zuschauer attraktiv.

Freitag, 31. Dezember 2021

Happy New Year!

Allen Lesern wünsche ich ein gesundes, erfolgreiches, friedvolles und selbstbestimmtes neues Jahr 2022! 

Und nie vergessen: "Never let them see you bleed!" und "Always have an escape plan!"




Sonntag, 7. November 2021

Boyle, Bond und die Beatles

Danny Boyle mit Himesh Patel (wikimedia)
 Ein Nebeneffekt von Keine Zeit zu sterben war für mich, dass ich die Rolle von Regisseur Danny Boyle im Entstehungsprozess des Films anders bewerte. Im Zuge dessen habe ich mir seinen bisher letzten Film YESTERDAY von 2018 angesehen. Boyle drehte ihn von April bis Juni 2018; also genau in der Zeit, in der er nebenbei mit EON Productions an der Umsetzung seiner Idee für deren 25. Bondfilm arbeitete. Bestätigt wurde seine Bond-Regie im März 2018, im August wurde sein Ausstieg aus dem Projekt bekanntgegeben.

Die Grundidee - die Musik der Beatles verschwindet aus der Welt, und nur ein Musiker kann sich an die genialen Songs erinnern - hat mich damals nicht so richtig interessiert, aber mit dem Wissen von heute kann man darin auch Boyles Dilemma mit der Vorproduktion von Bond 25 wiederfinden: Stell dir vor, du darfst an einer der Ikonen deines Lebens teilhaben, aber nur zu dem Preis, dass diese nie wieder dieselbe sein wird, die sie war.

Dienstag, 26. Oktober 2021

Heldendämmerung

Mittlerweile habe ich Keine Zeit zu sterben dreimal gesehen, auch in deutscher Synchronisation und in 3D, und möchte nach dem ersten Eindruck ein paar tiefergehende Gedanken zu diesem Film schreiben. Kein Bondfilm hat mich in meinem fast 30jährigen Fan-Dasein gedanklich mehr beschäftigt und mein Empfinden gegenüber dem Franchise mehr herausgefordert.

Nachfolgend also eine ausführlichere Besprechung, diesmal mit deutlichen Spoilern. Also bitte nur lesen, wenn man den Film bereits gesehen hat.

Sonntag, 17. Oktober 2021

Auge um Auge

Die Handlung von Keine Zeit zu sterben enthält ein Detail, dass eine Fan-Theorie von mir bezüglich Skyfall untermauert. (Nachfolgender Text enthält Spoiler in Bezug auf Keine Zeit zu sterben)

Mittwoch, 29. September 2021

It's better to travel hopefully...

Premiere des Films in London
Zwei Jahre, nachdem Keine Zeit zu sterben abgedreht war, und sechs Jahre nach dem letzten Bond Spectre, kommt der finale Daniel-Craig-Bond heute endlich in die Kinos. Damit endet eine Ära - die zweite eines Bonddarstellers, die ich im Kino begleitet habe - nach 15 Jahren. Die längste Ära eines Bonddarstellers überhaupt. Als ich 1993 Bondfan wurde, war das Franchise gerade dreißig Jahre alt  geworden, also zweimal so lang wie Daniel Craigs Zeit als James Bond. Die ersten 15 Jahre brachten genau zehn Filme hervor, mit Der Spion, der mich liebte als grandiosen Höhepunkt, die zweiten immerhin sechs Filme.

Keine Zeit zu sterben ist ein Film, dessen Bewertung sehr schwierig ist, wenn man nicht spoilern möchte. Trotzdem will ich das nachfolgend versuchen. 

Montag, 27. September 2021

Gedanken von und zu Cary Fukunaga

Mit dem Start des jüngsten James-Bond-Films Keine Zeit zu sterben läuft auch wieder die Medienmaschinerie auf Hochtouren, und es gibt eine Vielzahl von Videos, Werbespots und Interviews. Darunter neben einer sehenswerten Doku über Daniel Craig - Being Bond - ein längerer Beitrag im Hollywood Reporter, in dem sich Regisseur Cary Fukunaga über seinen Bezug zum Bondfranchise und den Entstehungsprozess von NO TIME TO DIE äußert, welcher nach vielen Verzögerungen nun am Donnerstag endlich in die Kinos kommt. 

Interessant sind neben Fukunagas etwas kontroverser Meinung zum Bond der 1960er Jahre Informationen über die Beteiligung von Regisseur Danny Boyle (YESTERDAY) am Film.

Sonntag, 4. Juli 2021

'Der Hauch des Todes' - Eine Fan-Theorie

Cellokasten from The Living Daylights
Cellokasten im Motormuesum
in Beaulieu
Das Ende des Bondfilms THE LIVING DAYLIGHTS (Der Hauch des Todes, 1987) zeigt ein Konzert der tschechischen Cellistin Kara Milovy (Maryam d'Abo) in Wien, dass neben Bonds Chef M auch der ehemalige KGB-Chef General Anatol Gogol (Walter Gotell) und eine Gruppe Mujaheddin mit ihrem Anführer Kamran Shah (Art Malik) besuchen. Es handelt sich um eine Welt-Tournee von Kara als Solo-Künstlerin, worauf ein Plakat an ihrer Garderobentür hinweist.

Das war eigentlich ein beachtliches Novum in einem Bondfilm, dass eine 'Gespielin' von Bond nach ihrer Begegnung eine große Karriere macht. Die berühmte Cellistin Jaqueline du Pré hatte sich in den 1960er Jahren in dieser Männerdomäne behauptet und starb interessanterweise in genau dem Jahr, in dem der Film herauskam, fast vergessen. Seitdem gab es nicht viele Cellistinnen, die so berühmt waren, dass sie auf Welttourneen gingen. Maria Kliegel kommt noch in den Sinn, oder Hildur Guðnadóttir, die für ihre Filmmusik für JOKER mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. Eins der vielen Details, die die Dalton-Bondfilme über den Durchschnitt hinausheben. Es ist allerdings auch in einer weiteren Hinsicht interessant.

Samstag, 17. April 2021

Verlorene Bondtraditionen: Tauchgänge und Haie

Mit dieser Artikelserie möchte ich Dinge beleuchten, die innerhalb des Bond-Franchise mal Tradition hatten, aber mittlerweile (oder vorerst) verschwunden sind.


James Bond diving
Der in den Büchern von Ian Fleming beschriebene James Bond hat eine ausgeprägte nautische Ader. Genau wie sein Vorgesetzter M hat er in der Royal Navy gedient. Er liebt ausgedehnte Schwimm- und Tauchgänge sowie die Unterwasserflora- und -Fauna. Und seine Lieblingsfarbe ist marineblau. 

In den Filmen mit Daniel Craig ist davon nicht mehr viel übriggeblieben. Die letzte ausgedehnte Gerätetauch-Szene ist mittlerweile 24 Jahre her - ebenso wie ein Auftritt Bonds in seiner Navy-Uniform, größere in die Filmhandlung eingebundene Unterwasserszenen sogar 32 Jahre. Es gab zwar immer wieder mal kürzere Szenen unter Wasser, die allerdings Seemeilen entfernt sind von der submarinen Pracht eines THUNDERBALL, THE SPY WHO LOVED ME oder FOR YOUR EYES ONLY. Neben produktionstechnischen könnte das auch künstlerische Gründe haben.


Sonntag, 4. April 2021

Hymnen für Helden

Bis auf GoldenEye haben die Titelsongs zu den jeweiligen Debüts der Bonddarsteller einige Gemeinsamkeiten: Sie sind jeweils von männlichen Interpreten gesungen, nehmen die Perspektive von James Bond ein und erzählen von seinem Innenleben. Selbst From Russia With Love passt da als erster Titelsong der Connery-Filme rein.

Aber auch inklusive GoldenEye bieten alle Darsteller-Debüt-Songs einen Einblick in die Eigenheiten der jeweiligen James-Bond-Interpreten.

Sonntag, 7. Februar 2021

Liebe und Diamanten

Kaum zwei Bondfilme sind so unterschiedlich wie ON HER MAJESTY'S SECRET SERVICE (Im Geheimdienst Ihrer Majestät, 1969) und DIAMONDS ARE FOREVER (Diamantenfieber, 1971). In fast allen Aspekten sind beide Filme von einem fast größtmöglichen Gegensatz geprägt. So etwa auch beim Song zum Film. Trägt die warmherzige und lebenserfahrene Stimme von Louis Armstrong mit We Have All The Time in the World eine wunderbare Ode an die Liebe vor, besingt die kraftvolle, junge Stimme von Shirley Bassey in strenger Kühle die Vorzüge lebloser Edelsteine. 

Und doch zeigen beide Lieder eine gewisse psychologische Kontinuität, die sich in den Filmen so nicht zeigt, und die über ein Philosophieren über "Werte für die Ewigkeit" hinaus geht.

Mittwoch, 30. Dezember 2020

Alles Gute

BOND & BEYOND wünscht allen Lesern und Bondfans einen angenehmen Jahresausklang und alles Gute für das kommende Jahr 2021! Vielleicht kommt NO TIME TO DIE sogar in das eine oder andere Kino, und es ist allen Menschen erlaubt, ihn sich dort auch anzusehen. 



Dienstag, 1. Dezember 2020

Bond Noir

Was wäre, wenn man die Bondromane von Ian Fleming zeitnah nach ihrer Veröffentlichung im Stil des Film Noir, auch Schwarze Serie genannt, vorlagengetreu umgesetzt hätte? Auf dieses Gedankenspiel möchte ich hier mal eingehen, vor allem in Bezug auf mögliche Besetzungen. Wirklich ungewöhnlich wäre das gar nicht gewesen, denn Fleming orientierte sich bei seinen Büchern teilweise stark an den Hardboiled-Krimis von Dashiell Hammett, Raymond Chandler oder Mickey Spillane. 


Wie das ungefähr ausgesehen hätte, kann man schon etwas an der TV-Verfilmung von Casino Royale aus dem Jahr 1954 sehen. Mit dem US-Amerikaner Barry Nelson und dem deutschen Emigranten Peter Lorre spielten hier bereits zwei typische Vertreter des Film Noir mit. 


Mittwoch, 21. Oktober 2020

Zuerst war es ein Traum...

Space Shuttle Challenger
Space Shuttle Challenger (Nasa)
Auf Netflix ist im September eine Dokumentarserie gestartet, die sich mit Ursachen und Folgen des Challenger-Unglücks 1986 beschäftigt: Challenger - The Final Flight. Die von J.J. Abrams produzierte Serie gibt einen faszinierenden Einblick in die Zeit von der ersten Vorstellung des Space Shuttles bis hin zu der Katastrophe, die durch ihre Vorhersehbarkeit noch tragischer wirkt. Das Space Shuttle war ein Symbol der Hoffnung und des Fortschritts und ein Prestige-Objekt im Kalten Krieg. Das sowjetische Gegenstück Buran brachte es nur zu einem einzigen unbemannten Flug, bevor es aus Kostengründen eingestellt wurde. Umso interessanter, dass es im 1979er Bondfilm MOONRAKER ein Instrument des Bösen ist.

Nicht nur für Bondfans gibt Challenger - The Final Flight Einblicke in diese aufregende Zeit um Auftstieg und Fall des Space Shuttle, die einige Details in MOONRAKER verständlicher machen:

 

Freitag, 9. Oktober 2020

Kino in der Krise

Mit der Entscheidung, Keine Zeit zu sterben auf April 2021 zu verschieben, hat sich der Hoffnungsträger der Kinos für dieses Jahr verabschiedet und entsprechende Schockwellen in der Branche ausgelöst. In der Folge beschloss die zweitgrößte US-Kinokette Cineworld, 536 Kinos in den USA und 127 in Großbritannien vorerst wieder zu schließen (siehe hier). Die britische Kette Odeon, zu der auch UCI gehört, plant, ihre Standorte nur noch am Wochenende zu öffnen. Weitere Blockbuster wie DUNE oder TOP GUN MAVERICK wurden nun ebenfalls auf nächstes Jahr verschoben, THE BATMAN sogar auf 2022!

Während James Bond im Kino regelmäßig die Welt rettet, hätte er in der Realität nun - vielleicht nicht 'das Kino' - aber wenigstens ein paar tausend Existenzen retten können. Und ein Zeichen für das Medium setzen, das ihn groß gemacht hat. Stattdessen wartet der Super-Agent ohnmächtig auf seinen in die unbestimmte Zukunft verschobenen Einsatz. Angesichts dieser Spirale aus Vorsicht und Angst fragt man sich: Wie hat die Filmindustrie eigentlich frühere und schwerere Pandemien überstanden? Ein Blick zurück.

Freitag, 2. Oktober 2020

April, April

EON Productions geben bekannt, dass der Start von Keine Zeit zu sterben von November 2020 auf 2. April 2021 verschoben ist:

MGM, Universal and Bond producers, Michael G. Wilson and Barbara Broccoli, today announced the release of No Time To Die, the 25th film in the James Bond series, will be delayed until 2 April 2021 in order to be seen by a worldwide theatrical audience. We understand the delay will be disappointing to our fans but we now look forward to sharing No Time To Die next year.

Don't know where,
Don't know when.
But I know we'll meet again some sunny day.

Donnerstag, 13. August 2020

Hitchcocks Anti-Bond

Alfred Hitchcock's The Short Night, Sean Connery, Liv Ullmann
Eigener Plakatentwurf
In den späten 1960er und den 1970er Jahren hatte Meisterregisseur Alfred Hitchcock ein ähnliches Problem, wie es James Bond später oft hatte. Er hatte sein eigenes Genre kreiert und es darin zur absoluten Meisterschaft gebracht. Doch diese Meisterschaft wollte das Publikum in späteren Werken trotz aller Bemühungen nicht mehr erkennen.

Mit PSYCHO (1960) hatte Hitchcock - fast als Independentfilmer - seinen wahrscheinlich einflussreichsten und legendärsten Film geschaffen. Das große Publikum erreichte er danach dann nur noch einmal - mit THE BIRDS (Die Vögel, 1963). MARNIE mit Bondstar Sean Connery kam sowohl bei Kritikern als auch Zuschauer nicht so gut an, ebenso wie seine beiden Cold-War-Agententhriller TORN CERTAIN (Der zerrissene Vorhang, 1966) und TOPAZ (1969). Gerade aus der Perspektive der Bondfilme lohnt sich jedoch ein Blick auf letztere, da er er sie zum Teil als Gegenentwürfe zu 007 konzipierte. Sein letztes Filmprojekt sollte dieses 'Anti-Bond'-Element noch einmal verstärken: THE SHORT NIGHT, für das er noch einmal mit Sean Connery zusammenarbeiten wollte.


Mittwoch, 5. August 2020

Mission: Konkurrenz (2)

Teil 2: 2011 - 2018

Mission Impossible BluraysGerade hat Norwegen die Dreharbeiten für den sechsten Teil der Reihe MISSION: IMPOSSIBLE genehmigt, wo auch schon FALLOUT gedreht wurde. Im Frühjahr mussten die Dreharbeiten in Venedig aufgrund der Corona-Maßnahmen unterbrochen werden. Der siebte Franchise-Beitrag mit dem Arbeitstitel Libra wird wieder von Christopher McQuarrie (JACK REACHER) inszeniert und soll am Stück mit Teil 8 entstehen. Für den Film soll eine komplette Brücke gesprengt werden, wie Medien derzeit berichten.

Nach den ersten drei eher heterogenen MISSION-IMPOSSIBLE-Filmen steigerte sich die Reihe mit jedem Film in Bezug auf Spannung, Action und Aufwand. Teil 2 meiner Besprechung von MISSION: IMPOSSIBLE.


Sonntag, 19. Juli 2020

Mission: Konkurrenz

Teil 1: 1996 - 2006

Mission: Impossible BluRaysDer schärfste Konkurrent für die James-Bond-Filme ist zur Zeit das MISSION-IMPOSSIBLE-Franchise von und mit Tom Cruise. Die großen atemberaubenden Stunts und ausgeklügelte Actionszenen, die die Bondreihe einmal ausgezeichnet haben, bietet MISSION: IMPOSSIBLE mittlerweile nicht nur in vergleichbarer Qualität, sondern teilweise sogar noch etwas besser. Und das auf einem stetig steigenden Niveau. Auch beim Aspekt der Gadgets präsentiert die Reihe Innovationen und faszinierende Verspieltheit, während das in den jüngeren Bondfilmen eher wie eine lästige Pflichtübung wirkte.

Grund genug für einen genaueren Blick auf die insgesamt sechs Filme in zwei Teilen. Kobra, überholen Sie!


Freitag, 3. Juli 2020

Das Besetzungs-Paradoxon

Mitte der 1980er Jahre: Die Hauptrolle in einem hochkarätigen A-Film soll besetzt werden. Der Favorit der Macher ist jedoch vertraglich an eine Fernsehserie gebunden. Ironischerweise eben jene Serie, die ihn zum Star und Publikumsliebling gemacht hat. Man findet einen Ersatzmann, der die Rolle allerdings ungewöhnlich ernsthaft angeht, und damit nicht jeden überzeugt.

Back to the Future Eric Stoltz / Pierce Brosnan as Bond 1987Bondfans werden hier sofort an THE LIVING DAYLIGHTS (Der Hauch des Todes, 1987) denken, für den erst Pierce Brosnan gecastet wurde. Nachdem er bereits offiziell der Presse vorgestellt worden war, musste er dann wieder seinen Vertrag für die Serie Remington Steele (1982-87) erfüllen und die Rolle abgeben, die dann Timothy Dalton übernahm. Aber auch bei der Vorproduktion des Blockbusters BACK TO THE FUTURE (Zurück in die Zukunft, 1985), der heute vor 35 Jahren in die US-Kinos kam, gab es eine sehr ähnliche Situation: Michael J. Fox war durch die Serie Family Ties (Familienbande, 1982-89) vertraglich gebunden, und man engagierte stattdessen Eric Stoltz. Trotz dieser vergleichbaren Umstände verlief die Produktion beider Filme dann aber völlig anders.


Samstag, 27. Juni 2020

Agentenrente

Ein Gedankenspiel: Mal angenommen, die Filme eines bestimmten Bonddarstellers bilden ein eigenes, abgeschlossenes Filmuniversum, in dem es keinen Bond davor und danach gab - wie hätte die Karriere des jeweiligen Darstellers nach dem Ende seiner Ära ausgesehen? Mit diesem Gedanken möchte ich mich hier mal beschäftigen.

Bei Sean Connery sah man erstmals, wie der Ruhestand eines Darstellers konkret aussieht. (Wenn man David Niven im Klaumaukfilm CASINO ROYALE von 1967 mal ausklammert.) In NEVER SAY NEVER AGAIN (Sag niemals nie,1983) hat er sich mit Domino (Kim Basinger) auf den Bahamas zur Ruhe gesetzt und genießt jeden Tag um 17 Uhr einen Martini im Pool.


Sonntag, 14. Juni 2020

Bestenliste, Teil 2

Bond Bluray BoxHier geht es um Rankings einzelner Aspekte der Bondfilme. Im einzelnen: Regisseure, Darsteller, Gegenspieler, erste und zweite weibliche Hauptrolle, Henchmen, Verbündete, Felix-Leiter-Darsteller, Gunbarrel-Szenen, Vortitel- und Titelsequenzen, Song zum Film, Filmmusik, einzelne Filmmusik-Tracks, Einführungen der Darsteller,  Q- und Moneypenny-Szenen, Schauplätze, Set-Bauten,  Actionszenen und Kämpfe, Dienstwagen, Gadgets, Uhren, Schurken-Behausungen, Todesfallen, Erotische Szenen, Unterwasserszenen, Zugszenen, Eis-und-Schnee-Szenen, Spielerische Duelle, Oneliner, Todesszenen von Gegenspielern und Henchmen, Finale, Schluss-Szenen und Filmplakate.



Sonntag, 7. Juni 2020

Die Bestenliste

Was für eine Liste ergibt sich aus dem Bewertungssystem meines Bondmarathons? Dem will ich in diesem Beitrag mal nachgehen. Größtenteils entspricht die Liste auch meiner vom Bauchgefühl her erstellten Bestenliste. Aber es gibt auch überraschende Gewinner und Verlierer. Verlierer ist beispielsweise QUANTUM OF SOLACE, den ich eigentlich weiter oben ansiedle. Gewinner dagegen SPECTRE, den ich weniger mag als QUANTUM, der aber durch seine einzelnen Elemente punktet.

Insgesamt ist kein Film schlechter als Note 3, die meisten haben eine 2. Interessant ist auch, dass jeder Bondfilm mindestens einen Aspekt hat, der 14 oder 15 Punkte bekommen hat. Trotzdem gibt es einige Abweichungen zu meiner "Bauchliste", die ich im Anschluss noch angefügt habe.


Sonntag, 31. Mai 2020

Gestern stirbt nie


                                                              "A million shards of glass
                                                          That haunt me from my past."
                                                                                                                        (Writings on the Wall, Sam Smith)
 


Bond-Marathon #25: SPECTRE (2015)


James Bond 007 - Spectre MartiniNach dem historischen Erfolg von SKYFALL versuchte man dringend, sowohl Daniel Craig als auch Sam Mendes für einen weiteren Bondfilm zu gewinnen. Für Mendes ließ man sogar ein Extra-Jahr verstreichen, um ihn an Theaterprojekten arbeiten zu lassen, und so ließ er sich noch einmal überreden.

SPECTRE führt zahlreiche Elemente des vorhergehenden Bondfilms fort, wie die Ereignisse aus Bonds Kindheit, das Thema der digitalen Spionage oder auch die verstärkte Einbinden britischer Drehorte. Dabei setzte man auf einen etwas lockereren Stil mit mehr Humor und klassischen Zutaten. Insgesamt tappt SPECTRE jedoch ähnlich wie QUANTUM OF SOLACE in die Fortsetzungsfalle und kann trotz vieler sehr gelungener Einfälle und Szenen nicht an den erfolgreichen Vorgänger anknüpfen. Vor allem die Geister der Vergangenheit, die in der Craig-Ära schon fast obligatorisch beschworen werden, wirken hier eher wie Halloweenfiguren.


Freitag, 22. Mai 2020

You Know My (Code-)Name

Ausweise in einer Ausstellung bei 'Bond in Motion' in London 
Von bestimmten Filmseiten wird immer wieder mal die Theorie ins Spiel gebracht, dass der Name 'James Bond' ähnlich wie die Dienstnummer 007 nur ein Code sei, der verschiedenen Agenten verliehen wurde. Damit könnte man vermeintlich eine Kontinuität in die über 50 Jahre alte Filmreihe bringen. Gegenargumente werden kunstvoll in erweiterte Theorien eingearbeitet, nach denen die Bond-Agenten selbst gar nicht wissen, dass sie nur ein Bond von vielen sind.

Obwohl auch die Produktionsfirma EON dieses Konzept nicht zu verfolgen scheint, geben die neueren Filme aber kurioserweise immer wieder Signale in diese Richtung - ob gewollt oder ungewollt. Vor allem die Ära Craig ist in gewisser Weise ein Zeitalter der großen Austauschbarkeit.


Montag, 18. Mai 2020

Auferstehung für Fortgeschrittene


                                                   "Skyfall is where we start,
                                              A thousand miles and poles apart."
                                                                                                               (Skyfall, Adele)
 


Bond-Marathon #24: SKYFALL (2012)

Ein Historiker bemerkte einmal sarkastisch, dass die US-amerikanische Nation von einem Zustand der jugendlichen Euphorie direkt in einen der Senilität übergegangen ist, ohne dazwischen den Zustand der Reife erreicht zu haben. In diesem Sinne könnte man Daniel Craig als den amerikanischen Bond bezeichnen. Nachdem er in CASINO ROYALE gerade erste Erfahrungen als Doppelnull-Agent gemacht hatte, ist er zwei Filme später schon wieder zu alt für dieses 'young men business' und muss sich unter allerlei Schmerzen und Schindereien den Weg zurück erkämpfen. Der Zustand dazwischen, in dem sowohl der Roman- als auch der klassische Filmbond seine größten und schönsten Abenteuer erlebte, interessiert in dieser Ära gar nicht mehr.

SKYFALL war der erste Bondfilm, den ich im Zuge dieses Blogs begleiteten und besprechen durfte (hier beispielsweise die Kritik nach dem Kinobesuch). Ich erinnere mich noch gut an den sehr bequemen Sessel bei der Pressevorführung im Sony Center, oder die Premiere dort mit den Mitwirkenden des Films. Im Kino 2012 habe ich den Film sehr genossen. Kann er diesem positiven Eindruck acht Jahre später noch standhalten?


Donnerstag, 7. Mai 2020

Global Play


                                                   "Another one with the golden tongue
                                               poisoning your fantasy."
                                                                                                               (Another Way To Die, Jack White & Alicia Keys)
 


Bond-Marathon #23: QUANTUM OF SOLACE (2008)



Quantum of Solace Wodka MartiniNachdem CASINO ROYALE James Bond triumphal wiederbelebt und Daniel Craig als 007 eines neuen Jahrtausends etabliert hatte, gestaltete sich dessen Fortsetzung als nicht unbedingt geringere Herausforderung. Martin Campbell wollte sie nicht annehmen, daher brachte Craig den Deutsch-Schweizer Marc Forster ins Spiel. Wesentlich erschwert wurden die Dreharbeiten noch durch einen Autorenstreik, durch den Forster und Craig improvisieren musste.

Auf QUANTUM OF SOLACE lastete ein enormer Erwartungsdruck, dem der Film durch die dramaturgischen Probleme und gewagte bis experimentelle kreative Entscheidungen aus Sicht vieler Fans nicht gerecht wurde. Bis heute polarisiert das Werk, wobei ihn viele auch als herausragend sehen. Auch in meiner Bewertung schwankt der Film stark.








Dienstag, 14. April 2020

All-In


                                      "Arm yourself because no-one else here will save you.
                                                 The odds will betray you!"
                                                                                                               (You Know My Name, Chris Cornell)


Bond-Marathon #22: CASINO ROYALE (2006)



Vesper Martini, Casino RoyaleNach dem 11. September 2001 fand sich James Bond in einer veränderten Welt wieder. Konnte während des Kalten Krieges ein Dritter Weltkrieg stets abgewendet und der ideologische Gegner letztendlich sogar in die Knie gezwungen werden, existierten nun offenbar größenwahnsinnige Schurken, die mit ihrer monströsen Agenda einfach durchkommen. Dementsprechend verlagerte sich der Schwerpunkt im Agentenfilm weg vom Kampf gegen Superschurken hin zu einem realistischeren inneren Kampf. Wegweisend war in dieser Beziehung THE BOURNE IDENTITY (2002) von Doug Liman, der zusammen mit seinen beiden direkten Fortsetzungen deutliche Spuren in der Bondreihe hinterließ. Von einem physisch sehr präsenten Hauptdarsteller, dessen Tätigkeit seine Geliebte traumatisiert, und die er schließlich sogar verliert, über den Stakkato-Schnitt und ambivalent dargestellte Geheimdienste bis hin zu einer finalen Konfrontation auf einem abgelegenen Anwesen.

Und so erfand sich James Bond vier Jahre nach dem seltsam aus der Zeit gefallenen finalen Brosnan-Bond DIE ANOTHER DAY buchstäblich neu. Der erste Bondroman von Ian Fleming aus dem Jahre 1954 - dessen Rechte erst 1999 im Austausch gegen Spiderman an MGM gingen - bildete die Vorlage für einen Reboot, der das Franchise selbst für Zielgruppen interessant machte, die bis dato einen großen Bogen um den Spion gemacht hatten. Mit CASINO ROYALE entstand ein instant classic - ein modernes Gegenstück zu Im Geheimdienst Ihrer Majestät, und Daniel Craig, den die Boulevardpresse mit Spott überzogen hatte, wurde zum gefeiertsten Bonddarsteller seit Sean Connery. Doch der Preis dafür waren einige Prinzipien des Gründers des Franchise, Albert R. Broccoli.