Die Dreieinigkeit:
1) THE LIVING DAYLIGHTS
2) THE SPY WHO LOVED ME
3) ON HER MAJESTY'S SECRET SERVICE
Diese drei Bondfilme können jeder für sich auf Platz 1 stehen und wechseln sich mittlerweile auch dabei ab. Bisher stand immer OHMSS an der Spitze, aber ich habe festgestellt, dass mir die anderen beiden ähnlich viel bedeuten. Während Spy für mich der klassische, ikonische Bond schlechthin ist, ist OHMSS der Ausnahmebond. Während Daylights die perfekte Symbiose zwischen dem ernsthaften Roman-Bond und dem überlebensgroßen Film-Bond darstellt.
Der engere Kreis:
4) MOONRAKER
Bei der Bewertung von Moonraker hatte ich immer die berühmten 'Engelchen' und 'Teufelchen' auf den Schultern sitzen. 'Engelchen' wollte den Film immer schon nach oben schieben, weil er auch überdurchschnittlich oft im Player landet, während 'Teufelchen' dann immer kam mit "Ja, aber... Dolly! Bondola! Blinzeltaube!" Klar, der Film lehnt sich mit seinen Blödeleinlagen weit aus dem Fenster. Im Gegensatz zu manch anderem Beitrag macht er diese Schwächen aber auch wett durch enorme Stärken. Und das ist nun mal Bondfeeling in purer Essenz.
Dass Bond in den Weltraum fliegt, hat mich nie gestört. Im Gegenteil. Es verleiht dem Film eine Größe und Erhabenheit, die Konkurrenz-Franchises nie erreichen werden. Mittlerweile vermisse ich den Bond, den die Kritiker hassten.
5) FOR YOUR EYES ONLY
Der dritte im Bunde von Rogers Italien- und Victor-Tourjansky-Trilogie. Der Beweis, dass Roger Moore auch nach vier eher leichten Filmen der Rolle noch erfrischende Aspekte entlocken konnte.
6) A VIEW TO A KILL
Ähnlich wie bei Moonraker verwehrte sich das Teufelchen auf der Schulter hier immer gegen eine höhere Einordnung, denn auch hier gibt es einige Klamaukszenen und handwerkliche Schwächen, die einem sofort in den Sinn kommen. Aber ich liebe den Film einfach für seine augenzwinkernde Überlebensgröße und seine tollen Gegenspieler.
7) LIVE AND LET DIE
Rogers Einstieg bietet gut gelaunte Unterhaltung mit zahlreichen ikonischen Einfällen.
8) LICENCE TO KILL
Timothy Daltons Zweitling mochte ich früher weniger, aber er punktet durch unheimlich starke Actionszenen, eines der gelungensten Duelle zwischen Bond und Gegenspieler und auch durch die Ende-Achtziger-Atmosphäre.
"Gefühlt eigentlich weiter oben":
9) FROM RUSSIA WITH LOVE
Ab hier folgen Bondfilme, die ich zwar sehr mag und für gelungen halte, die aber trotzdem nicht in dem engeren Kreis der Favoriten sind. Immer mit leicht schlechtem Fan-Gewissen, wie hier, denn rein objektiv ist das hier einer der stärksten Bondfilme überhaupt, subjektiv fehlt mir doch immer etwas für die Top 5.
10) GOLDFINGER
Same here. Ein wegweisender Film für das Franchise, die Mutter aller überlebensgroßen Bondfilme mit zweifellos grandiosen Einfällen. Aber aus heutiger Sicht auch ein bisschen betulich. Während Nostalgie die Filme der 70er und 80er für mich zunehmend aufwertet, ist bei den 60ern eher ein leicht gegenteiliger Effekt vorhanden. Vielleicht liegt es auch an den mit fast religiöser Inbrunst zelebrierten Zitaten in den Craig-Filmen, die das Besondere so rituell betonen, dass es gewöhnlich wird.
11) CASINO ROYALE
Der Film war vor Keine Zeit zu sterben höher und in den Top 10 platziert. Nun könnte man sagen, dass es unfair ist, andere Filme für die Fehler eines späteren Werkes zu "bestrafen". Vor allem weil ich glaube, dass die weitere Entwicklung der Reihe gar nicht im Sinne von Martin Campbell ist. Allerdings hatte ich schon bei Kinostart 2006 das schwer zu artikulierende Gefühl, dass mit der Ära Daniel Craig eine völlig andere Art von Bondfilmen entstanden war, die grundsätzlich sehr schwer mit den früheren zu vergleichen sind. Seit Spectre ist das Gefühl von Äpfeln und Birnen noch stärker geworden. Und mit dem letzten Streifen ist es für mich nun Gewissheit geworden, dass die Craigfilme zwar auf einer rein handwerklichen Ebene eine hochwertigere Qualität haben, das aber zu einem Preis erkaufen, der für mich in letzter Konsequenz zu hoch ist.
Rein bezogen auf Drehbuch, Schnitt, Kamera, etc. mag Casino Royale einen Großteil der früheren Filme weit hinter sich lassen, aber diese Aspekte sind für mich nun mal nicht allein ausschlaggebend für das typische Feeling eines Bondfilms. Vielleicht sogar nebensächlich. Auch mag Daniel Craig sehr gut schauspielern, aber das was er darstellt, ist für mich nicht der James Bond. Andererseits kann man seine Filme auch nicht einfach aus einer Liste ausschließen, auch wenn das vieles vereinfachen würde. Deshalb ist es hier ein Abwägen der objektiven Qualität als Produkt der Filmkunst und dem klassischen Bondfeeling. Bei Bondfilmen sitzt nicht nur das 'cineatische Über-Ich' neben mir in der Jury - um es mal Freud-mäßig auszudrücken - sondern auch das etwa 10- bis 12-jährige 'Innere Kind'. Und das hat erstmal die Schnauze voll von Craig.
12) THE WORLD IS NOT ENOUGH
Dieser Film hat eine merkwürdige Entwicklung durchgemacht von anfänglicher Begeisterung über Ernüchterung - vielleicht auch durch zu viele Sichtungen - bis hin zu wieder zunehmender Wertschätzung. Er hat schwer zu übersehende Schwächen, ohne die er locker weiter oben sein könnte, aber das Beziehungsgeflecht zwischen Bond, M, Elektra und Renard funktioniert für mich doch recht gut und trägt den Film. Und im Gegensatz zu vielen anderen Beiträgen seit den 90ern gibt er sich wenigstens Mühe dabei, ein klassischer Bondfilm zu sein. Aus heutiger Sicht ist er auch der letzte dieser Art.
13) DR. NO
Ebenfalls ein klassischer Fall von "gefühlt in den Top 10", aber es gibt dann doch zahlreiche spätere Filme, die mehr Spaß machen. Das tragische Schicksal von Pionieren: Wenn der von ihnen gewiesen Weg einmal gegangen wird, werden sie schnell übertroffen und wirken in der Rückschau eher schlicht.
Trotzdem bereits ein toller, atmosphärischer Film, der die Seele der Romane wunderbar einfängt und gleichzeitig die Weichen für die Zukunft stellt.
14) GOLDENEYE
Im Gegensatz zu Casino ist dieser Film im Angesicht der abgeschlossenen Craig-Ära eher aufgestiegen. Mit dem Bewusstsein, wohin ein komplett vermenschlichter Bond letztlich führt, ist Martin Campbells Wiederbelebung des klassischen Bond-Charakters mit all seinen manchmal platt und klischeehaft wirkenden Marotten für mich doch gelungen. Zumal man die zuschauer-abschreckende Gefahr der Vermenschlichung mit Lizenz zum Töten hier noch als warnendes Beispiel vor Augen hatte. Mittlerweile ist man in dem Punkt vom Regen in die Traufe gekommen.
15) THE MAN WITH THE GOLDEN GUN
Ebenfalls ein klassisches Beispiel für "gefühlt viel weiter oben", aber man merkt dem Film bei aller Liebe leider an, dass er recht schnell in einem Jahr runtergedreht wurde. Vor allem in der ersten Hälfte. Die richtig großen Actionszenen fehlen bis auf den grandiosen Spiralsprung, und selbst der wird akustisch auf B-Niveau herabgezogen. Dadurch wirkt er aber auch viel weniger gehetzt als manche der Blockbuster-Bonds, und entwickelt viel Atmosphäre.
16) OCTOPUSSY
Die Bondfilme von John Glen haben bei mir grundsätzlich einen großen Nostalgie-Bonus, obwohl man oft eine gewisse Routine attestieren muss. Ebenso Octopussy, der zahlreiche kultige und ikonische Momente hat. Ich liebe beispielsweise einfach den Übergang der Titelsequenz in die Szenen an der Ost-Berliner Grenze. Allerdings wirken fast alle Indien-Szenen auf mich jedesmal etwas trashig. Hätte der gesamte Film das Niveau des Deutschland-Parts, wäre er sicher in der Top 10.
17) SKYFALL
War ebenfalls mal weiter oben, aber die Melodrama-Bonds punkten bei mir zur Zeit einfach weniger.
18) QUANTUM OF SOLACE
Der vielleicht seltsamste Fall von "gefühlt weiter oben". Ich mochte den Film eigentlich schon immer mehr als ein Großteil der Fans, aber beim Erstellen einer Liste gibt es dann doch zahlreiche Filme, die mir noch etwas besser gefallen.
19) YOU ONLY LIVE TWICE
War ebenfalls früher wesentlich höher angesiedelt, aber lässt mich in letzter Zeit irgendwie seltsam kalt. Und das, obwohl es mal mein erster Bond überhaupt war. Außerdem hat der Film wirklich grandiose Momente, allen voran die Designs und die wunderschöne Musik. Bieten alle anderen Bondfilme der Sechziger mit die besten Duelle zwischen Bond und Gegenspieler, spulen Connery und Pleasence hier ihre Szenen allerdings ab wie Figuren in einem Computerspiel. Da machen mir selbst schwächere Beiträge wie Golden Gun mehr Spaß durch die Spielfreude aller Beteiligten.
20) THUNDERBALL
Bei dem Film habe ich fast immer das Bedürfnis, mich für die niedrige Platzierung zu entschuldigen. Er hat ebenfalls viele tolle Szenen, allen voran die Unterwasser-Aufnahmen, aber es fehlen mir handlungs- und produktionstechnisch irgendwie immer die Raffinessen. Vielleicht liegt es daran, dass hier mit Kevin McClory ein fremder Produzent mit am Ruder saß.
21) NEVER SAY NEVER AGAIN
Auch hier ein Film, der viel von seiner früheren Anziehungskraft eingebüßt hat. In den Neunzigern war er sogar mal in den Top 5, weil mir seine Starbesetzung und seine futuristische Ausstrahlung wesentlich besser gefielen als die eher antiquiert wirkenden Eon-Filme aus dieser Zeit. Mittlerweile sind mir aber gerade die vielen kleinen Ingredienzien und Marotten der Cubby-Broccoli-Ära unheimlich ans Herz gewachsen und wichtig. Und da wirkt Sag niemals nie leider größtenteils eher amerikanisch und blass, trotz der grandiosen Dreier-Hauptbesetzung.
21) DIAMONDS ARE FOREVER
Hat ebenfalls sogar sehr gute Elemente, wie zum Beispiel Mr. Wint und Mr. Kidd, aber insgesamt irgendwie zu sehr selbstgefällige Connery-Gala. Die Effekte wirken wie aus einem japanischen Monster-C-Film.
22) TOMORROW NEVER DIES
Auch dieser Beitrag hat in letzter Zeit Federn gelassen. Die Action ist immer wieder toll, aber vieles wirkt leider austauschbar, steril, gewöhnlich und kalt.
Die eigentlich Überflüssigen:
23) SPECTRE
Bis hier gab es Filme, die sich auch irgendwo in einer Liste mit Lieblingsfilmen allgemein wiederfinden würden, und die ich trotz teils vorhandener Mängel doch mag und nicht missen möchte.
Ab hier kommen dagegen Filme, die ich nicht nur nicht vermissen würde, sondern bei denen ich mich sogar aktiv für ihre Nicht-Existenz entscheiden würde, wenn ich die Wahl hätte.
Wobei ich die erste Hälfte von Spectre noch durchaus mag. Aber irgendwann wirkt das Drehbuch wie von einem 13-Jährigen an einem Nachmittag als Strafarbeit zusammengeschustert. Ab hier fungiert Craig nur noch als Abrissbirne für alles, was bis dahin aufgebaut wurde. Und leider noch viel mehr.
24) DIE ANOTHER DAY
Hat auch viele gute Szenen, die ich sogar sehr bondig finde. Aber auch vieles, bei dem man sich einfach nur fragt, wie so etwas bei einem einigermaßen fähigen Produzenten jemals grünes Licht bekommen konnte.
Eigentlich hat Die Another Day bereits ultimativ gezeigt, dass Broccoli und Wilson im Gegensatz zu Albert R. Broccoli kein wirklich verlässliches Gespür dafür haben, was in diesem Franchise funktioniert und was nicht. Gelingt es ihnen, einen Regisseur zu finden, der das für sie mitbringt - wie Martin Campbell - kann ein guter Film dabei rauskommen. Hat der Regisseur keinen blassen Schimmer, oder überlassen sie die Chose sogar ihrem Hauptdarsteller, kann es eben auch völlig gegen die Wand gehen.
25) CASINO ROYALE (1967)
Selbst dieses Werk hat ein paar gute Seiten, wie etwa der Song von Dusty Springfield. Würde aber sicherlich niemand vermissen, wenn es nie entstanden wäre. Aus heutiger Sicht fragt man sich allerdings schon ein bisschen, welche Elemente dieses Gaga-Films ihn denn wirklich "inoffiziell" machen: Dass der MI6 anderen Agenten - darunter weiblichen - die Nummer 007 gibt? Dass Bond im Ruhestand ist und von CIA und MI6 zur Rückkehr überredet wird? Dass sein Haus in die Luft fliegt und M stirbt? Dass der Drahtzieher hinter allem ein Verwandter von ihm ist? Oder dass er eine Tochter hat und am Ende im Schurken-Hauptquartier in den Agentenhimmel gesprengt wird?
26) NO TIME TO DIE
Da gibt es sicherlich hier und da Unverständnis, warum dieser Film noch hinter Casino Royale '67 landet. Aus meiner Sicht ist es allerdings schon eine große Auszeichnung, dass er überhaupt in einer Liste mit echten James-Bond-Filmen auftaucht.
Ein Film, der sich so unglaublich falsch und krank anfühlt wie ein Film mit Bud Spencer und Terence Hill, in dem die beiden ins Krankenhaus geprügelt werden und danach eine Anti-Aggressions-Therapie machen, oder ein Indiana-Jones-Film, in dem Indy von Nazis ins KZ gesteckt wird und dort erkennt, dass Archäologie Zeitverschwendung ist.
War Die Another Day formal ein Super-GAU, ist Keine Zeit es konzeptionell. Der ultimative Winter-Schlussverkauf von allem, was Bond je ausmachte. Dieses Machwerk wird immer den Bodensatz bilden. Wobei leider auch zu befürchten ist, dass Eon es tatsächlich schaffen könnte, sich im haus-interen Niveau-Limbo noch ein zweites Mal zu unterbieten. Sicher dann wieder beim letzten Film des neuen Darstellers. Wahrscheinlich wird Bond dann nach einem Schlaganfall zu einem übergewichtigen Psychopathen, der in der Zeit zurück reist und Sean Connery mit einem Laser ermordet...
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