Donnerstag, 2. November 2023

Im Geheimdienst von James Bond

Buch "Im Geheimdienst von James Bond"
Die dunkle Jahreszeit ist für viele Bondfans traditionell die Zeit von Im Geheimdienst Ihrer Majestät, ein Bondfilm, der um Weihnachten herum und größtenteils in den Schweizer Alpen spielt und für seine wegweisende Ski-Action berühmt ist. Rasante Szenen in Schnee und Eis sind seither ein Markenzeichen der James-Bond-Filme. Der Name Stefan Zürcher ist ein wiederkehrendes Qualitätsmerkmal dieser Szenen und daher den meisten Bondfans ein Begriff. Der Schweizer wirkte als Stuntman an Im Geheimdienst Ihrer Majestät mit und wurde von Eon Productions seither für viele weitere Bondfilme engagiert, wo er die Auswahl der Drehorte und die Realisierung der umfangreichen und riskanten Actionszenen koordinierte und überwachte. 

Seiner Arbeit in der Filmindustrie über fünf Jahrzehnte hinweg mit Größen wie Steven Spielberg, Marlon Brando oder John Le Carré widmet sich nun das Buch Im Geheimdienst von James Bond. Es bietet einen spannenden Einblick in die Dreharbeiten von insgesamt neun Bondfilmen - Im Geheimdienst Ihrer Majestät, Der Spion, der mich liebte, Im Angesicht des Todes, Der Hauch des Todes, GoldenEye, Der Morgen stirbt nie, Die Welt ist nicht genug, Ein Quantum Trost und schließlich Spectre (dazu kommen die Locationsuche für In tödlicher Mission und Stirb an einem anderen Tag)  - und die privaten Seiten der Bonddarsteller.


In diesem Filmen war Zürcher verantwortlich für so ikonische Szenen wie der Vortitelsequenz von Der Spion, der mich liebte, der Aston-Martin- und Cello-Jagd in Der Hauch des Todes, dem Motorradsprung hinter einem Flugzeug her in GoldenEye oder den atmosphärisch-gespenstischen Opernszenen in Ein Quantum Trost. Dabei blieb er Fans auch in kleineren Auftritten im Gedächtnis. So doubelte er etwa Sergei Barsov, der titelgebende Spion, den Agentin XXX liebte. In Im Angesicht des Todes ist er der unglückliche Sowjetsoldat, der von Bond von seinem Snowmobil gerissen wird und dann über einem Abgrund baumelt. In GoldenEye wurde seine Arbeit als Snow Consultant - von den Broccolis auch freundschaftlich "Snow Man" genannt - schließlich in den Credits der Titelsequenz gewürdigt.

Bemerkenswerterweise arbeitete Stefan Zürcher mit allen Bonddarstellern, zum Teil auch an anderen Filmen als Bond. Mit Sean Connery beispielsweise an dem eher unbekannten Bergsteiger-Drama Am Rande des Abgrunds (Five Days One Summer, 1982), dem letzten Film von Regie-Legende Fred Zinnemann. Mit Roger Moore auch an Feuer, Eis & Dynamit, und mit Daniel Craig an der Mammut-Produktion Der goldene Kompass (2007). Der Eindruck, den man dabei von den Darstellers erhält, ist durchweg sympathisch. So hat es mich beispielsweise überrascht, dass Sean Connery sich insgeheim doch sehr für die Weiterentwicklung des Charakters von James Bond interessiert hat. Auch Pierce Brosnan und Daniel Craig erscheinen menschlich und nahbar. 

Sehr wertvoll für Filmfreunde wie mich sind die Einblicke in eher unbekannte Filme, die lohnen, entdeckt zu werden. So etwa Thriller wie Das Ultimatum (Twilights Last Gleaming, 1977) mit Burt Lancaster, Per Saldo Mord (The Swiss Conspiracy, 1976) oder Top Secret (The Salzburg Connection, 1972), dem internationalen Kinodebüt von Klaus Maria Brandauer. 

Stefan Zürcher als Cellolenker in
DER HAUCH DES TODES (1987)
Spannend und aufschlussreich sind dabei auch die Dreharbeiten, die nicht so geregelt abliefen, sondern Filmstoff für sich bieten. Darunter etwa für den berüchtigten Megaflop Ishtar (1987) in der Sahara, die Arbeit mit dem Egomanen Rainer Werner Fassbinder oder die John-Le-Carré-Verfilmung Die Libelle (The Little Drummer Girl, 1984), für die Aufnahmen im umkämpften Beirut entstanden. Aber auch bei Großproduktionen wie den Bondfilmen geriet Zürcher mehrmals in Lebensgefahr, aus der er sich teilweise in echter Bondmanier retten musste. Fast schon amüsant ist dabei die unterschiedliche Perspektive auf einen Zwischenfall während der Dreharbeiten für die Eisjagd in Der Hauch des Todes von Zürcher und Produzentin Barbara Broccoli im Vorwort. 

Auf jeden Fall erhält man durch die Lektüre eine noch größere Wertschätzung für den unglaublichen Aufwand, den persönlichen Einsatz und die minutiöse Logistik hinter den großen Actionsequenzen der Bondfilme. Vor allem Dreharbeiten in Eis und Schnee haben dabei trotz aller Vorsichtsmaßnahmen immer große Unwägbarkeiten. Nicht zuletzt müssen dabei nicht nur Crew und Darsteller vor den Launen der Natur geschützt werden, sondern auch die Natur vor dem einfallenden Filmtross. Logistischer Höhepunkt war für Stefan Zürcher dabei die rasante Jagd vom Gaislachkogel bergab bis ins österreichische Obertilliach im vorletzten Bondstreifen Spectre (2015). 

Was das Buch wohltuend von vielen anderen Biographien abhebt, ist, dass man Stefan Zürcher dabei als eher bescheidenen und geerdeten Menschen kennenlernt, der nicht unbedingt im Mittelpunkt stehen muss. Sicher ein Erfolgsgeheimnis in dem oft eher egozentrischen und unsteten Zirkus der Filmindustrie. Idee und Umsetzung für das Buch stammt vom Filmjournalisten Roland Schäfli, der Zürcher eigentlich für ein Zeitungsporträt traf und dabei feststellte, dass dessen Leben genügend Stoff für ein ganzes Buch bietet. Insgesamt habe ich die Lektüre sehr genossen und kann das Buch unbedingt weiterempfehlen. 


  • 'Im Geheimdienst von James Bond: Meine Erlebnisse mit Stars und Stunts aus 50 Jahren Filmgeschäft'  :  
  • Roland Schäfli und Stefan Zürcher
  • Herausgeber ‏ : ‎ Weber Verlag AG; 1. Edition (9. Oktober 2023)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 240 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3038184918
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3038184911
  • Abmessungen ‏ : ‎ 23.5 x 2.3 x 27.4 cm





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