Der schärfste Konkurrent für die James-Bond-Filme ist zur Zeit das MISSION-IMPOSSIBLE-Franchise von und mit Tom Cruise. Die großen atemberaubenden Stunts und ausgeklügelte Actionszenen, die die Bondreihe einmal ausgezeichnet haben, bietet MISSION: IMPOSSIBLE mittlerweile nicht nur in vergleichbarer Qualität, sondern teilweise sogar noch etwas besser. Und das auf einem stetig steigenden Niveau. Auch beim Aspekt der Gadgets präsentiert die Reihe Innovationen und faszinierende Verspieltheit, während das in den jüngeren Bondfilmen eher wie eine lästige Pflichtübung wirkte.
Grund genug für einen genaueren Blick auf die insgesamt sechs Filme in zwei Teilen. Kobra, überholen Sie!
Die Coverversion des M:I-Themas von Larry Mullen und Adam Clayton von U2 erreichte die Top 10 der Charts |
Mission: Impossible ist in einigen Aspekten eher ein Gegenstück zur James-Bond-Reihe. Statt eines einzelnen charismatischen Super-Agenten steht immer ein Team im Mittelpunkt, von dessen reibungsloser Zusammenarbeit der Erfolg abhängt. Schusswaffen kommen eher selten zum Einsatz; man versucht stattdessen, Gegner möglichst nicht zu töten. Auch auf Selbstironie und Humor wird weniger Betonung gelegt. Insofern hatte die TV-Serie inmitten all der Agenten und Bondableger in den 1960ern schon von Anfang an ein starkes Alleinstellungsmerkmal, das sie für eine spätere Kinoreihe prädestinierte.
MISSION: IMPOSSIBLE (1996, Regie: Brian De Palma)
Story: 9/10
Auftrags-Szene: 8/10
Vortitel-Sequenz: 8/10
Titel: 10/10
Titelmusik: 10/10
Action: 9/10
Gadgets: 9/10
Schauplätze: 10/10
Team: 8/10
Gegenspieler: 9/10
Weibliche Hauptrolle: 9/10
Finale: 10/10
Gesamt: 9/10
Lieblingsszene: Hunt trifft in London auf Jim Phelps, während ihm der wahre Ablauf der Mission klar wird.
In den 1990er Jahren gab es einige hochwertige und gelungene Kino-Versionen von Fernsehserien, wie etwa THE FUGITIVE (Auf der Flucht, 1993) oder THE X-FILES (Akte X - Der Film, 1998). MISSION: IMPOSSIBLE reiht sich da ein. Der Auftakt des Agentenfranchise' hat mich schon seit dem ersten Trailer im Kino begeistert und ist bis heute einer meiner absoluten Lieblingsfilme. Mehr als jeder andere Beitrag der Reihe ist es ein moderner Klassiker des Agententhrillers und hat filmische Qualitäten, die über das übliche Tom-Cruise-Vehikel hinaus reichen.
Altmeister Brian De Palma (THE UNTOUCHABLES, SNAKE EYES) ist der perfekte Regisseur für diesen Spionagethriller und erzeugt durch sein Faible für außergewöhnliche Perspektiven, Split-Screens und Parallelmontagen eine einzigartige Atmosphäre, die eher an die Paranoiathriller der 1970er erinnert als an die TV-Serie aus den 60ern. Manche Szenen finde ich unglaublich atmosphärisch und grandios. Etwa wenn sich Hunt mit Phelps unterhält und er so tut, als ob er ihm glaubt, während man gleichzeitig in den Rückblenden den tatsächlichen Ablauf der Dinge sieht. (Und Emmanelle Béàrt direkt in die Kamera blickt.) Das sind so inszenatorische Sahnestücke, die den Film weit über einen hollywood-üblichen Actionfranchise-Beitrag hinausheben.
Vorwerfen kann man dem Film sicher, mit der titelgebenden Vorlage doch recht frei umzugehen. Vor allem die Umwandlung von deren Helden Jim Phelps in einen Schurken ist wohl für Fans der Originalserie schwer verdaulich. Dass Peter Graves diese Rolle ablehnte, kann ich gut nachvollziehen. Da ich ich die Originalserie nie ganz gesehen habe, hat mich das allerdings auch nie gestört.
Es ist schwierig, die Actionszenen des Films an seinen immer aufwändigeren und größeren Nachfolgern zu messen, aber angesichts der Möglichkeiten sind sie spektakulär, innovativ und großartig inszeniert. Die Einbruchsszene in den Computerraum in Langley ist legendär. Optisch zitiert sie Kubricks 2001 und wurde in den weiteren Teilen jeweils variiert. Auch die Zerstörung des Akvarium-Restaurants ist immer noch toll, ebenso das Finale im Eurotunnel. Insgesamt finde ich auch erfrischend, dass die Action sich hier noch weitgehend der Story unterordnet und dosiert ist, und nicht - wie in späteren Filmen - die Handlung um die Actionszenen herum gebaut ist.
Die Botschaft in Prag |
Insgesamt ein furioser Auftakt der Reihe, der auf mich in sich stimmiger und überzeugender wirkt als alle Bondfilme der 90er und frühen 00er.
MISSION: IMPOSSIBLE II (2000, Regie: John Woo)
Story: 5/10
Auftrags-Szene: 8/10
Vortitel-Sequenz: 8/10
Titel: 7/10
Titelmusik: 8/10
Action: 7/10
Gadgets: 4/10
Schauplätze: 7,5/10
Team: 6/10
Gegenspieler: 5/10
Weibliche Hauptrolle: 5/10
Finale: 5/10
Gesamt: 6,3/10
Lieblingsszene: Hunt wirft die Datenbrille, die ihm seine Mission abgespielt hat, in die Kamera, und deren Selbstzerstörung leitet in die Titelsequenz über.
M:I-2, wie der Film als Kürzel im Marketing genannt wurde, entwickelte sich zum erfolgreichsten Film des Jahres 2000. Die stilisierte, knallige Action erwies sich als Publikumsmagnet. In der Langzeitwirkung wurde aber schnell klar, dass dahinter nicht viel Substanz ist. In vielen Aspekten erscheint der Film wie ein Gegenentwurf zum ersten Teil. Wo dieser dunkel und geheimnisvoll war, spielt M:I-2 in sonnig-warmen Gefilden. Wo Tom Cruise im Vorgänger ein Getriebener war, ist er hier ein Superheld mit stylish wehender L'Oreal-Mähne. Und wo De Palmas Regie subtil und virtuos war, arbeitet der Hongkonger John Woo mit dem Bulldozer.
Insgesamt wirkt der Streifen wie einer dieser Regie-Witze: 'Was wäre, wenn John Woo Mission: Impossible inszenieren würde? - Statt Spionage Action und Tauben in Zeitlupe bis zum Erbrechen.' Die Qualitäten, die Woo in der Filmwelt einmal bekannt machten, wirken hier wie plumpe Karikaturen ihrerselbst. Die Spuren des ursprünglichen Agententhrillers werden von diesem Action-Gepose plattgewalzt. Insgesamt erweist sich Woo mit seinem erstarrten Stil für das Agentengenre so geeignet wie Walt Disney für Splatter.
Dabei verliert die aufwändige Action durch die fast cartoon-hafte Übertreibung ihren Reiz. Die Story um einen im Labor kreierten Super-Virus samt Gegenmittel ist an sich clever und vorausschauend, wirkt aber letztlich ebenfalls wie ein nur grobschlächtig ausgearbeitetes Mittel zum Zweck. Der Film enthält auch die unglaubwürdigste Maskenszene: Für einem skrupellosem Konzernchef wird eine halbgare Traumsequenz inszeniert, die wie INCEPTION für Arme wirkt. Überhaupt werden die Gesichtsmasken hier als omnipräsente Allzweckwaffe fast zu Tode gereizt.
Australien ist ebenso wie Prag im vorigen Film eine erfrischende Location, die man noch nicht so häufig in Hollywood-Produktionen gesehen hat. Cruise realisiert hier, was sich Bondfans schon seit Jahren wünschen, aber die Bondmacher nicht hinbekommen.
Der Konflikt zwischen Hunt, Nyah und Ambrose ist an sich interessant, auch wenn er quasi ein inoffizielles Remake von Hitchcocks NOTORIOUS (Berüchtigt, 1946) ist, wird aber von der Regie und den Schauspielern viel zu breit ausgewalzt. Dougray Scott - eigentlich ein guter Schauspieler - wirkt als Schurke ähnlich eindimensional und chargierend wie Tobey Stephens in DIE ANOTHER DAY. Auch Anthony Hopkins kann als IMF-Chef - die scheinbar von Film zu Film wechseln - keine nennenswerten Akzente setzen.
Hatte der erste Film im Prinzip die ursprüngliche Idee von GOLDENEYE realisiert - der väterliche Mentor erweist sich als Verräter und Feind - variiert M:I-2 dagegen das Motiv sich bekriegender, wie Spiegelbilder wirkender Agenten-"Brüder" - und beschränkt sich dabei noch viel mehr auf Oberflächenreize als GOLDENEYE.
Ich wollte den Film bei meinem M:I-Marathon wirklich mögen und war darauf gespannt, neue Aspekte zu entdecken, aber es bleibt der einzige Beitrag der Reihe, den ich nicht gern sehe und für eher misslungen halte.
MISSION: IMPOSSIBLE III (2006, Regie: J.J. Abrams)
Story: 8/10
Auftrags-Szene: 7,5/10
Vortitel-Sequenz: 8/10
Titel: 8/10
Titelmusik: 8/10
Action: 8/10
Gadgets: 8/10
Schauplätze: 8/10
Team: 9/10
Gegenspieler: 9/10
Weibliche Hauptrolle: 9/10
Finale: 8/10
Gesamt: 8,2/10
Lieblingsszene: Der Einbruch in den Vatikan.
Nach dem eher simpel gestrickten zweiten Teil setzt MISSION: IMPOSSIBLE III wieder verstärkt auf gute Story-Wendungen, ausgearbeitete Konflikte und Suspense. J.J. Abrams hatte sich mit seiner gelungenen und erfolgreichen Agentenserie ALIAS als Regisseur empfohlen. Er gab hier sein Kino-Debüt, schrieb am Drehbuch mit und beteiligte sich mit seiner Produktionsfirma Bad Robot.
Ähnlich wie die Serie ALIAS bezieht der Film seine Spannung aus der Unvereinbarkeit von Privatleben und Spionagegeschäft. Tom Cruise wirkt hier als Agent Ethan Hunt wesentlich menschlicher und verletzlicher als im Vorgänger und auch manchem Nachfolger. Michelle Monaghan ist als Hunts Frau sympathisch und glaubhaft. Zum Team stoßen erstmals Simon Pegg, der fortan den lustigen Nerd geben darf, und die enorm attraktive Maggie Q.
Die Story ist clever aufgebaut und spannungsreich, und die Atmosphäre düsterer und härter als in den anderen Filmen. Allein schon der als Flash-Forward konzipierte Auftakt wirkt sehr unangenehm auf den Zuschauer (obwohl sich der geübte M:I-Fan schon denken kann, wie es ausgeht). Was mir etwas weniger gefällt, ist, dass man sich beim Aufhänger der Geschichte nicht so viel Mühe gegeben hat. Laut Hitchcock spielt es keine größere Rolle, was der sogenannte 'McGuffin', um den sich die Handlung dreht, genau ist. Aber eine "Hasenpfote", deren Bedrohungspotential dann kryptisch-esoterisch beschworen wird, wirkt dann doch ein bisschen einfallslos. Da war die Virengeschichte in M:I-2 noch etwas greifbarer.
Was dem Film dagegen sehr gut gelingt, ist, dem Protagonisten riesengroße Hindernisse in den Weg zu legen. Hunt kommt hier ständig in bedrohliche, scheinbar ausweglose Situationen, aus denen er sich nur mit äußerster Mühe und Blessuren retten kann. Im Wortsinn 'Unmögliche Missionen'. Vom schwerelos von Fels zu Fels hüpfenden Terminator mit edler Indianerfrisur gibt es hier zum Glück keine Spur mehr. Im Gegenteil, Hunt stirbt sogar für ein paar Sekunden und kann nur mit Glück von seiner großen Liebe gerettet werden. Eine Szene, die stark an den ebenfalls 2006 erschienenen CASINO ROYALE erinnert.
Philip Seymour Hoffman ist als Waffenhändler Owen Davian ein beeindruckender und bedrohlicher Gegenspieler. Einer der besten Schurken des Franchise. Und schließlich ist der Einbruch in die Vatikanstadt eine der gelungensten und visuell reizvollsten Operationen in den M:I-Filmen. Von dieser klassischen Agenten-Atmosphäre hätte ich mir insgesamt noch etwas mehr gewünscht. Sehr schön auch, dass man hier erstmalig sieht, wie eine Gesichtsmaske hergestellt und angepasst wird.
Bei den Actionszenen sticht der Angriff auf den Konvoi heraus, bei dem der Bondfan ganz leicht an die Befreiung von Sanchez in Lizenz zum Töten erinnert wird. Die reizvollste Location ist natürlich der Vatikan, aber auch Shanghai ist stimmungsvoll.
Der dritte Streich der Reihe überzeugt als harter Thriller mit einem unerbittlichen Gegenspieler und einem menschlich-verletzlichen Helden. Streckenweise aber eine Spur zu sehr auf die persönliche Bedrohung von Hunts Frau forciert. Ihre Rettung überschattet die für einen Agententhriller üblichen Operationen. Trotzdem ist der Film sehr spannend und eine deutliche Verbesserung gegenüber Teil 2. Und es werden auch einige Weichen für die weitere Entwicklung des Franchise gestellt, mit Ethan Hunts Frau oder auch dem festen Team-Mitglied Benji Dunn, der zu einem guten Freund von Hunt wird.
Zwischen-Fazit
Der große Vorteil dessen ist allerdings, dass die Filme hier noch gewisse Alleinstellungsmerkmale haben. Das ist etwas, was ich im Vergleich mit den Bondfilmen oft vermisse. Dadurch, dass man für die ersten beiden Beiträge jeweils etablierte Regisseure mit einer unverwechselbaren Handschrift hatte, wurden die Filme dadurch auch unverwechselbar. Ich fand es immer ein bisschen schade, dass Tom Cruise dieses Prinzip nicht weiter verfolgt hat, auch wenn es bei John Woo nicht so richtig funktioniert hat.
Als Fazit ergibt sich ein furioser Einstieg, der heute als Klassiker gelten darf, eine Fortsetzung, die immerhin eine eigenständige Atmosphäre und aufwändige Actionszenen bietet, und ein intelligent und spannend aufgebauter, eher düsterer und harter Teil 3.
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