
In diesem Beitrag geht es ausnahmsweise mal nicht um die Drehorte eines Bondfilms, dafür aber eines der Klassiker des Agententhrillers schlechthin, W
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ARE (
Agenten sterben einsam) von 1968. In dem Film dringen Richard Burton und Clint Eastwood in das Hauptquartier des deutschen Geheimdienstes ein, das sich in einer unzugänglichen Alpenfestung befindet. Ihr Auftrag ist, einen gefangenen US-General zu befreien, bevor dieser Details über die geplante Invasion der Alliierten preisgeben kann. Doch in diesem Film ist nichts so, wie es scheint.
Action auf einem schneebedeckten Alpengipfel, der nur per Seilbahn oder Helikopter zugänglich ist - damit nahm der Film viel von dem ein Jahr später erscheinenden Bondfilm O
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ERVICE vorweg. Zu viel?

Treibende Kraft hinter der Entstehung des Films war der Stiefsohn von Richard Burton, der den Schauspieler gern mal in einem klassischen Abenteuerfilm sehen wollte. Burton wandte sich daraufhin an Produzent Elliott Kastner, der wiederum Bestsellerautor Alistair MacLean mit dem Verfassen eines Drehbuches beauftragte. MacLean, von dem auch die Vorlagen zu T
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AVARONE und I
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EBRA stammen, schrieb das Drehbuch
und eine entsprechende Romanfassung dazu innerhalb von nur sechs Wochen. (Womit er mein persönlicher Held ist)

Der ungewöhnliche Filmtitel ist ein Zitat aus Shakespeares Drama
Richard III.
"The world is grown so bad, that wrens make prey where eagles dare not perch." (Auf deutsch:
"Ich weiß es nicht - die Welt ist so verderbt, Zaunkön'ge hausen, wo's kein Adler wagt.")Für die Rolle des amerikanischen Lieutenant Schaffer konnte man Clint Eastwood gewinnen, der gerade durch die Dollar-Trilogie von Sergio Leone zum Star geworden war. Eastwood zögerte erst, die zweite Hauptrolle nach Burton zu übernehmen, konnte aber durch eine entsprechende Gage überzeugt werden. Später nannte Eastwood den Film oft scherzhaft "Where Doubles Dared", da für Richard Burton aufgrund seines Alkoholkonsums in vielen Szenen Stuntmen einspringen mussten. So auch in der Szene, als Smith und Schaffer an der Außenwand des Schlosses hoch klettern. Hier wirkt Eastwood weniger fit, allerdings nur, weil er im Gegensatz zu Burton selbst kletterte.

Für das fiktive Schloss Adler diente die reale Festung Hohenwerfen als Drehort, nahe dem Dorf Werfen im österreichischen Salzachtal. Gedreht wurde auch in Werfen selbst, unter anderem am Bahnhof. In der geschichtlichen Wirklichkeit gab es dagegen keinen SS-Stützpunkt in einem Schloss, nur ein Gefangenenlager für alliierte Offiziere - auf Schloss Colditz in Sachsen. Die Flucht eines Offiziers von diesem Schloss während eines Orchesterspiels inspirierte Fleming zu seiner Kurzgeschichte
The Living Daylights (siehe
Berlin Escape).
Wenn man die Festung Hohenwerfen besucht, wird man allerdings etwas enttäuscht nach der entsprechenden Seilbahn suchen. Anders als im Film ist die Festung alles andere als unzugänglich und nur für Adler erreichbar. Ein breiter und gemütlicher Weg führt hinauf, sowie eine Zahnradbahn. Dem Originaltitel des Films macht die Festung aber trotzdem alle Ehre, denn es gibt dort eine sehr sehenswerte Flugshow mit Geiern, Weißkopfadlern und anderen Greifvögeln.
Die Festung war nach dem Film auch Drehort für die Kinderserie
Frankensteins Tante, dem Mehrteiler T
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INGDOM sowie der Komödie J
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ARRIED.
Die Seilbahnstation sowie Szenen auf der Seilbahn wurden mehr als 50 km weiter östlich am Feuerkogel nahe des Traunsee gedreht. Der Fluss, in den Burton, Eastwood an die anderen gegen Ende des Films springen, ist demnach nicht die Salzach, sondern die Traun.
Szenen, in denen die Seilbahn auf das Schloss zu fährt, sowie die in den Felsen eingearbeitete Seilbahnstation unterhalb der Festungsmauern wurden mit Hilfe eines großen Modells des Schlosses gelöst, das sich auf dem Studiogelände von MGM befand. Das Zusammenspiel von Modellaufnahmen, Kulissenbau in Originalgröße sowie Hintergrundgemälden schafft eine perfekte Illusion - vor allem in der berühmten Szene, als Burton und Eastwood von der Seilbahn aus mit Spitzhacken das Dach der Bahnstation erklimmen.
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Modell von Schloss Adler auf dem MGM-Studiogelände* |
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ARE zählt heute zu Recht zu den großen Klassikern des Kriegs- und Agentengenres. Auf die Frage nach seinen liebsten Kriegsfilmen nannte Steven Spielberg ihn an erster Stelle. Wie viele große Filme erinnert er im Kern an klassische Geschichten der Antike. Wenn die alliierten Agenten Smith und Schaffer an einem Seil die Außenmauer der Burg erklimmen und durch ein Fenster im Zimmer der in die feindliche Festung eingeschleusten Mary hereingelassen werden, wirkt das wie moderne Entsprechung der biblischen Geschichte von Rahab, die zwei israelitische Kundschafter an einem Seil aus ihrem Fenster aus Jericho entkommen ließ, bevor dieses eingenommen wurde.
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Die Original-Seilbahnkabine aus dem Film auf dem Feuerkogel |
Viele Elemente in W
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ARE ähneln sehr dem ein Jahr später erschienenen Bondfilm O
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ERVICE. Allen voran natürlich das unzugängliche, in den verschneiten Hochalpen gelegene Hauptquartier der deutschen Schurken. Die Szenen der ankommenden beleuchteten Seilbahn auf dem nächtlichen Berg erinnern von der Stimmung her stark an den Bondfilm. (Der im Film zu sehende Sprung eines Stuntman von einer zur anderen Seilbahn in luftiger Höhe wurde später auch in M
OONRAKER ausgeführt.)

Das Schloss Adler an sich weckt auch Assoziationen an den von Ian Fleming beschriebenen Gloria-Klub im Roman, der von Schloss Mittersill inspiriert war. (Mehr dazu
hier) Mit der Besetzung von W
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ARE hätte man auch gut einen Bondfilm bestreiten können. Richard Burton als britischer Geheimagent, Eastwood als sein blonder amerikanischer Kollege. Anton Diffring hätte einen guten Blofeld geben können, und Olga Lowe eine passable Irma Bunt. Mit Terence Mountain wirkte sogar ein Schauspieler aus O
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ERVICE mit.

Ungewöhnlich für Filme dieser Zeit ist der von der Britin Mary Ure verkörperte Charakter der Mary Ellison. Ure (die übrigens mit Robert 'Red Grant' Shaw verheiratet war) ist zu keinem Zeitpunkt ein reines Love-Interest, das beschützt werden muss, sondern nimmt aktiv an der Action teil und rettet eher die männlichen Protagonisten aus so mancher Situation.
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Blick zum Feuerkogel und Modellaufnahme mit Blick auf das Schloss aus dem Film |
Inwieweit der Film von 1968 Entscheidungen in O
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ERVICE beeinflusst hat, ist mir nicht bekannt. Das Innere von Blofelds Klinik wirkt zumindest weit weniger urig und traditionell alpin als im Roman beschrieben, und grenzt sich damit deutlich von einer Schloss-Atmosphäre wie in W
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ARE ab. Auch auf eine Blondine à la Mary Ure hat man verzichtet, obwohl Tracy im Roman blond ist und auch fast ausschließlich Blondinen gecastet wurden.
* Bild mit freundlicher Genehmigung von TheStudioTour.com