Neben all den Buch-Neuerscheinungen im Bond-Jubiläumsjahr bin ich nun endlich mal dazu gekommen, die neu übersetzten James-Bond-Romane zu lesen, die im Verlag Cross Cult erscheinen. Die deutschen Übersetzungen der Romane und Kurzgeschichtensammlungen von Ian Fleming waren bisher sehr mangelhaft. Mit der Übertragung ins Deutsche an sich, vorgenommen von Günther Eichel ursprünglich für den Ullstein-Verlag, hatte ich eigentlich weniger ein Problem. Ich muss sogar sagen, dass ich mit den vergilbten Seiten und dem heute leicht altmodisch wirkenden Sprachstil eine gewisse Nostalgie verbinde. Die verschlissenen Scherz-Ausgaben habe erst aus der Bibliothek ausgeliehen und sie später dann zusammengekauft.
Viel negativer ins Gewicht fallen eher drastische Kürzungen der Erst-Übersetzungen. Zum einen kürzte man, um die Romane als Taschenbuch für 2,80 DM anbieten zu können - bei "Im Geheimdienst Ihrer Majestät" fehlt beispielsweise ein komplettes Kapitel, das Bonds Familiengeschichte beleuchtet. Zudem wurden sie arg zensiert. In "Casino Royale" fehlt beispielsweise folgender Absatz in Kapitel 13 komplett: "Er wollte ihren kalten und arroganten Körper. Er wollte in ihren blauen Augen Tränen und Lust sehen, seine Hände in ihrem schwarzen Haar versenken und ihren langen, geschmeidigen Körper unter seinem zurückbiegen. Der Gedanke erregte ihn, und als er erneut in den Spiegel sah, blickte sein Gesicht voller Begierde zurück". Dem wirtschaftsverwunderten käferfahrenden Otto Normalverbraucher konnte man soviel Sex natürlich nicht zumuten. Und so war das Bild, das sich deutsche Leser von Bond machten, jahrzehntelang verzerrt und geschönt.
Dazu kamen die fehlenden Kapitelüberschriften und eine fragwürdige Vermarktung. Vor allem im Scherz-Verlag ließ die grafische Gestaltung der Buchtitel zu wünschen übrig und erinnerte eher an durchschnittliche Krimis. Die Scherz-Edition zum 40. Jubiläum 1993 sah zwar etwas besser aus, benutzte aber zum Teil unpassende Filmplakate - für "Casino Royale" beispielsweise die Colt-Lady vom Poster der Parodie von 1967, die popkulturell zwar nicht uninteressant ist, mit dem Roman aber ungefähr soviel zu tun hat wie Bugs Bunny mit Albrecht Dürers Feldhasen. Das alles hat sicherlich dazu beigetragen, dass die Ur-Bond-Bücher in Deutschland eher ein Nischendasein führten und zuletzt kaum mehr in Buchhandlungen zu finden waren - was sich nun hoffentlich ändert!
Die Übersetzung von Anika Klüver und Stephanie Pannen - die über ihre Arbeit in einem sehr lesenswerten Blog berichten - klingt modern und ist teilweise vereinfachend. Fleming benennt beispielweise im Dossier für M Medikamente genau, die Le Chiffre zur Geldbeschaffung theoretisch schmuggeln könnte - Aureo- und Streptomycin und Kortison. Da heutige Leser vom Schwarzmarkt höchstens mal etwas von den Großeltern gehört haben, hat man dieses Detail weggelassen. Letztendlich ist eine Übersetzung immer ein Kompromiss, und die neue Übersetzung ist auf jeden Fall der bessere. Der Roman liest sich so sehr flüssig, und man gewinnt ein wesentlich vollständigeres Bild von Flemings ursprünglicher Intention zu James Bond, "a spice of adventure, a dash of patriotism, laced with sex, sadism, and expense account know-how", wie die Sunday Times seinerzeit schrieb. Gekrönt werden die neuen Ausgaben von kongenialen Cover-Artworks von Michael Gilette, die bereits die englischen Penguin-Bücher zierten. Für "Feuerball" und "Im Geheimdienst Ihrer Majestät" fertigte Gilette sogar zwei neue wunderschöne Illustrationen.
Jetzt freue ich mich auf die politisch unkorrekte Version von "Leben und sterben lassen"!
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