LooperUSA 2012Regie und Drehbuch: Rian JohnsonDarsteller: Joseph Gordon-Levitt, Bruce Willis, Emily Blunt, Piper PeraboDie gute Nachricht zuerst: In sechzig Jahren sind Zeitreisen möglich. Allerdings keine spannenden Trips in den Wilden Westen oder die Kreidezeit. Die Zeittouristen können ihre Ausflüge kaum genießen, denn unmittelbar nach Ankunft werden sie auch gleich in die ewigen Jagdgründe weiterbefördert. Da Zeitreisen offiziell verboten sind, werden sie von Verbrecherorganisationen zur perfekten Eliminierung von unliebsamen Zeitgenossen genutzt. Sogenannte Looper töten und entsorgen die Opfer in der Vergangenheit, damit sie in der Zukunft keine DNA-Spuren mehr hinterlassen.
So weit, so düster. Aus dieser ebenso originellen wie pessimistischen Idee entspinnt Autor und Regisseur Rian Johnson (
Brick) eine Zukunft, die in ihrer perfiden Brutalität bedrückend realistisch wirkt. Um die Looper als unliebsame Mitwisser loszuwerden, schickt man deren zukünftige Alter-Egos ebenfalls als Opfer in die Vergangenheit. Da Joe (Joseph Gordon-Levitt) in 30 Jahren jedoch die Coolness von Bruce Willis entwickelt, erweist sich die Tötung des Zukunfts-Ichs viel schwieriger als erwartet.
Charakterkopf Bruce Willis ist hier in einer Rolle zu sehen, die an 12 M
ONKEYS (1995) von Terry Gilliam erinnert - auch dort reiste er aus einer düsteren Zukunft durch die Zeit zurück und begegnete sich selbst. Trotz dieser Gemeinsamkeiten stellt L
OOPER vom Konzept her aber einen Gegenentwurf zu diesem Film dar. Zeitreisegeschichten sind ja immer auch ein philosophischer Kommentar zur alten Frage des freien Willens. In
12 M
ONKEYS können die Protagonisten den Zeitablauf nicht verändern, weil alle ihre Handlungen Teil desselben und durch physikalische Gesetze vorherbestimmt sind. Freier Wille ist dort eine Illusion. In L
OOPER und auch den meisten anderen Zeitreisefilmen dagegen, wie Z
URÜCK I
N D
IE Z
UKUNFT I bis III, T
HE B
UTTERFLY E
FFECT und den S
TAR-T
REK-Zeitreisen, stellt der freie Wille der Protagonisten eine reelle Kraft dar, die unabhängig von physikalischen Gesetzen und Ursache-Wirkungs-Prinzipien ist und den Ablauf der Dinge verändern kann.
So düster Filme wie L
OOPER oder T
HE B
UTTERFLY E
FFECT also auch sind, im Grunde sind sie ein sehr optimistisches Plädoyer für die Freiheit des Willens. Die Stärke von L
OOPER ist, dass Rian Johnson als Autor diese philosophischen Implikationen bewusst einsetzt. Und so ist der Film nicht nur ein Science-Fiction-Actioner mit einer originellen Grundidee, sondern auch ein Film über die kleinen und großen Entscheidungen, die das ganze Leben zum Guten oder zum Schlechten verändern können, und über den Generationenkonlikt mit dem eigenen Ich durch sich verändernde Prioritäten. Die sich durch die Zeit-Paradoxa ergebenden Effekte nutzt der Film clever für sich, zum Beispiel mit einer albtraumhaften Stirb-langsam-Sequenz im buchstäblichen Sinn.
Obwohl L
OOPER durch solide Effekte und futuristische Sets überzeugt, ist die wahre Sensation sein Hauptdarsteller. Joseph Gordon-Levitt, der schon in I
NCEPTION und T
HE D
ARK K
NIGHT R
ISES beeindruckte, wirkt hier wie ein lebender Spezialeffekt - so verblüffend beherrscht er Mimik und Gestus von Bruce Willis. Die oscarreife Maske verstärkt diesen Effekt noch. Man meint in vielen Szenen den jungen Willis aus der Serie "Das Modell und der Schnüffler" vor sich zu haben, und das obwohl Gordon-Levitt im richtigen Leben eigentlich überhaupt keine Ähnlichkeit mit dem Armageddon-Star hat. Ebenfalls aus dem eh schon guten Schauspielensemble herausragend ist der fünfjährige Pierce Gagnon.
L
OOPER ist eine der positivsten Filmüberraschungen dieses Jahres. Einige kleinere Mängel trüben diesen Eindruck nur leicht. Zum einen macht der Film unnötigerweise eine zweite Science-Fiction-Baustelle auf, und verkauft dem Zuschauer zwei Konzepte, wo eins - die Zeitreise - eigentlich ausgereicht hätte. Zum anderen hatte ich nach dem hypnotisierenden Ideen-Feuerwerk in den beiden ersten Dritteln gegen Ende das Gefühl, dass das Konzept nicht völlig ausgereizt wurde. Und auch Bruce Willis´ Figur wirkt im Finale leider nicht mehr völlig glaubwürdig. Zum ganz großen Wurf à la I
NCEPTION reicht es deshalb für mich nicht, aber L
OOPER ist trotzdem beeindruckend und sehr sehenswert. Und er regt zum Nachdenken an, und das ist viel mehr, als man von den meisten Blockbustern sagen kann.