Samstag, 22. Juli 2017

Operation Kino

Dass Geheimdienste Filmprojekte großzügig mit Geld und Equipment unterstützen, die sie in einem guten Licht darstellen, ist mittlerweile allgemein bekannt. Überraschend ist immer wieder das Ausmaß der Einflussnahme, wie jetzt die beiden Autoren Tom Secker und Matthew Alford in ihrem Buch National Security Cinema aufdecken. Sie sichteten dafür rund 4000 Pentagon- und CIA-Dokumente, die durch den Freedom of Information Act zugänglich wurden. Die Autoren gingen anfangs von etwa 200 relevanten Filmproduktionen aus. Eine Zahl, die sie großzügig nach oben korrigieren mussten: Bei über 800 Kino- und über 1000 TV-Produktionen kontrollierten US-Regierungsorganisationen Handlung und Dialoge, bis hin zu TV-Geschichts-Dokus.

Dass Bondfilme potentielle Kandidaten für solche Deals sind, ist grundsätzlich ebenfalls nichts neues. Interessant sind aber auch hier die Zensur-Maßnahmen im Detail. So wurde im Film TOMORROW NEVER DIES beispielsweise ein recht harmlos wirkender Oneliner zensiert und letztlich aus dem Drehbuch gestrichen.




Eine unterschwellige Militarisierung wurde den Bondfilmen seit ihren Anfängen in den 60er Jahren unterstellt. Wobei die Filmreihe das dargestellte Geheimdienst-Milieu eigentlich von Anfang an mit ironisch-übertriebener Distanz und später leiser Selbstkritik dargestellt hat. Anders als in den Filmen von Michael Bay oder den Marvel-Verfilmungen beispielsweise. Aber selbst am Set von IRON MAN kam es zu einem Disput zwischen Regisseur Jon Favreau und dem Hollywood-Beauftragten des Verteidigungsministeriums Phil Strub.

Im Buch erwähnt wird THUNDERBALL, für dessen Produktion ein Flugzeug mit 'Skyhook' vom CIA-Unternehmen Intermountain Aviation zur Verfügung gestellt wurde.

Eine Dialogzeile, die direkt aufgrund des Vetos von Strub aus dem Department of Defense (DOD) gestrichen worden sein soll, stammt aus TOMORROW NEVER DIES (Der Morgen stirbt nie, 1997).

Im Drehbuch sagt Bonds CIA-Kollege Jack Wade, kurz bevor Bond via HALO-Jump aus einem Flugzeug springt und in vietnamesischen Hoheitsgewässern landen soll:

You know what will happen. It will be war, and maybe this time, we'll win. 
(Ihr wisst, was passieren wird. Es wird Krieg geben, und diesmal gewinnen wir ihn vielleicht sogar.)

Sich über die Niederlage des Vietnamkrieges lustig zu machen war offenbar ebenso ungern gesehen wie dessen Erwähnung überhaupt. Strud selbst bestreitet diese Einflussnahme, während die Autoren des Buches darauf verweisen, dass das Verteidigungsministerium im Abspann explizit genannt wird, und ihnen zudem eine Kopie des Kooperations-Vertrages vorliegt, der von der Produktion unterzeichnet werden muss.

Im Lichte dieser Veröffentlichungen wird vielleicht auch die merkwürdige Transformation des Drehbuches zu DIE ANOTHER DAY von einer dunklen, kritischen Reflexion von CIA-Einflußnahmen hin zu einem seltsam überzeichneten Szenario von isolierten Schurken und gleichrangigen NSA-Agenten verständlicher, über die ich in diesem Artikel geschrieben hatte.


Quellen:

Documents Expose How Hollywood Promotes War on Behalf of the Pentagon, CIA and NSA

deutsch: 

Die Propaganda-Fabrik: Wie Pentagon und CIA Hollywood unterwandern

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