Montag, 29. Dezember 2014

Das finale Feuerwerk

SKYFALL - Explodierende Skyfall Lodge
Nachhaltige Vergangenheitsbewältigung in SKYFALL
Eines der ungeschriebenen Gesetze im Bonduniversum sieht vor, dass gegen Ende des Films massiv Pyrotechnik zum Einsatz kommt. Irgendwie setzt immer irgendwer irdendetwas in Brand. Fast immer. In 24 Filmen ist diese Genre-Regel wie alle anderen zu einem Klischee geworden, und das Spielen mit diesem Klischee zeigt die Kreativität der Drehbuchautoren. Und manchmal leider auch deren Mangel.




Eine gewisse Ironie birgt dabei der Umstand, dass durch das große Feuerwerk am Ende oft ein noch viel größeres, meist atomares Feuerwerk verhindert wird. Im ersten Bondfilm DR. NO schaffte man diese klare Trennung noch nicht ganz, denn bei bei genauerer Betrachtung verursacht Bond durch den GAU von Dr. Nos Atomreaktor die Verseuchung eines Großteils der Karibik.

Meist schließt der Plan des Schurken die Verwendung von leicht brennbaren und explosiven Stoffen mit ein. So hat Max Zorin in A VIEW TO A KILL ein paar Stangen des für seinen Plan erforderlichen Dynamits auch an Bord seines Luftschiffs, so dass es auch ohne dem seit dem Hindenburg-Unglück verbotenen Wasserstoff als Traggas explodieren kann. Blofeld hat praktischerweise ein Faible für grundsätzlich explosible Orte, wie Vulkane und Ölbohrstationen. Und Franz Sanchez benutzt ausgerechnet Benzin zum Drogenschmuggel.

In einer Vielzahl der Filme ergibt sich die finale Destruktionsorgie einfach aus einer militärischen Großinitiative zur Vereitlung des antagonistischen Plans oder zur Zerstörung des Schurken-Verstecks. Dazu zählen GOLDFINGER, THUNDERBALL, ON HER MAJESTY'S SECRET SERVICE, DIAMONDS ARE FOREVER, THE SPY WHO LOVED ME, MOONRAKER, NEVER SAY NEVER AGAIN, THE LIVING DAYLIGHTS und TOMORROW NEVER DIES.

Eine Variation des Feuerwerks ist die Verwendung von Wasser als zerstörendem Element, vorzugsweise in leckgeschlagenen und untergehenden Räumlichkeiten, wie etwa THE SPY WHO LOVED ME, THE WORLD IS NOT ENOUGH oder CASINO ROYALE.

Blofeld bringt seinen Vulkan in YOU ONLY LIVE TWICE durch gezielte Sprengungen gleich selbst zum ausbrechen. Kanangas Versteck wird in LIVE AND LET DIE überhaupt nicht zerstört, was als Ausnahme von der Regel auch sehr gut funktioniert.

Ice Bucket Challenge für Fortgeschrittene:
THE MAN WITH THE GOLDEN GUN
In THE MAN WITH THE GOLDEN GUN gibt es weder angreifende noch verteidigende Armeen, nur einen einzigen Techniker. Dass das Ausschalten dieses Gegners auch gleich das obligatorische Feuerwerk auslöst ist eine geniale Idee in diesem recht unterschätzten Bondfilm. Das für die Solex-Anlage irgendwie notwendige flüssige Helium dehnt sich explosionsartig aus, sobald es mit warmen Körpern konfrontiert wird. (Scaramanga macht dafür Fehler Nr. 87 auf der Evil-Overlord-Liste, indem er die entsprechenden Bottiche nicht idiotensicher abdeckt: My vats of hazardous chemicals will be covered when not in use. Also, I will not construct walkways above them.)

Im bereits erwähnten LICENCE TO KILL ist der entscheidende Zündfunke ebenfalls sehr schön umgesetzt. Ein Techniker demonstriert die Brennbarkeit des Benzins und damit die mögliche Beseitigung der Beweise für den Drogenschmuggel, was Bond wiederum nutzt, um sich der Aufmerksamkeit des Handlangers Dario zu entziehen.

In GOLDENEYE stellt sich die grundsätzliche Frage, wie die Steueranlage einer Radarschüssel, die zudem durch dutzende Hektoliter Wasser versteckt wird, explodieren kann. Für den Betrieb sind scheinbar Tonnen von Treibstoff notwendig, die Bond mit Zündern versieht. Die Zündung an sich spielt dann sehr schön mit den Erwartungen. Trevelyan deaktiviert den Zünder, indem er Bond alle Gadgets abnimmt. Der fahrlässige Umgang mit einem dieser Gadgets löst sie dann unbeabsichtigt doch wieder aus.

In DIE ANOTHER DAY nutzt man für die Zerstörung des Eispalastes sowie der Antonov die Weltraumwaffe des Schurken. Innerhalb der Reihe durchaus innovativ und ökonomisch.

Der Untergang eines Hauses in Venedig in CASINO ROYALE ist eine sehr kreative und wirkungsvolle Variation der finalen Zerstörung. Das genaue Gegenteil findet sich im Nachfolger QUANTUM OF SOLACE. Wie könnte hier ein Hotel mitten in einer Wüste zerstört werden? Ein Untergehen in einem Sandsturm wäre vielleicht eine neue Idee gewesen. Stattdessen wird dem Zuschauer auf wenig elegante Art vermittelt, dass das Hotel über Brennstoffzellen mit Energie versorgt wird. Man hört die Anlage anspringen, der Polizeichef erklärt die Tatsache, und Medrano fügt noch hinzu: "Klingt sehr instabil." Unauffälliges 'information dropping' sieht anders aus. (Im Theater gab es früher ähnliche Dialoge zwischen Butler und Dienstmädchen, deren alleiniger Zweck war, dem Zuschauer handlungswichtige Details mitzuteilen.)

Die Brennstoffzellen erweisen sich dann auch als dermaßen instabil, dass es bereits genügt, mit einem Auto aus Versehen dran zu fahren - und schon ist das gesamte Hotel in Flammen. Für mich der bisher am unbefriedigendsten umgesetzte Auslöser für das finale Feuerwerk. Die Kreativität eines Films zeigt sich eben auch (oder vor allem?) in solch kleinen Details. (Dafür berücksichtigt Greene allerdings clevererweise Nr. 10 der Liste: "I will not interrogate my enemies in the inner sanctum -- a small hotel well outside my borders will work just as well.")

Der dritte Craig-Bond SKYFALL erweist sich in dem Punkt als solide. Wenn man in einem Bondfilm einen Hubschrauber sieht, kann man relativ sicher sein, dass er kurz darauf in einem Feuerball enden wird. So setzt auch hier ein Helikopter die Skyfall Lodge wirkungsvoll in Brand. Und selten sah das Feuerwerk auch so schön aus wie hier.

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