Freitag, 21. Juni 2013

Der "inoffizielle" Schurke

Der heute vor 70 Jahren im österreichischen Bad Aussee geborene Klaus Maria Brandauer reihte sich 1983 in die Reihe charismatischer deutschsprachiger Bondgegenspieler ein - neben Lotte Lenya, Gert Fröbe und Curd Jürgens. Irvin Kershner, Regisseur des Remakes NEVER SAY NEVER AGAIN, wollte die Rolle des Schurken Largo realistischer und moderner anlegen, ohne Augenklappen und Narben. Sean Connery persönlich überredete Brandauer am Telefon zu der Rolle mit der Aussicht auf "a lot of money and a lot of fun". Doch gerade dieser Spaß sollte während der problematischen Produktion des Konkurrenzbond größtenteils fehlen.


Der Schauspieler und Regisseur am Wiener Burgtheater debütierte 1972 mit dem Streifen THE SALZBURG CONNECTION, bereits ein - wenn auch bescheidener - Agententhriller. Nach einigen Fernsehrollen folgte 1981 schließlich der filmische Durchbruch mit der Klaus-Mann-Verfilmung MEPHISTO. Brandauers leidenschaftliche Spiel und Intensität begeisterten Kritiker, er wurde als einer der größten lebenden Schauspieler Europas gehandelt. Sean Connery wurde auf den Österreicher aufmerksam und überredete ihn zur Mitarbeit an dem von Produzent Kevin McClory von langer Hand vorbereiteten Remake des 1964er Bondfilms THUNDERBALL.

Der eindeutig von Mafiabossen inspirierte Emilio Largo ist im Roman einer der wenigen Gegenspieler, die körperlich normal und sogar attraktiv sind. Laut Flemings Beschreibung könnte er ein römischer Centurio sein. In der ersten Verfilmung, bei der sich McClory den Produzentenjob mit Broccoli und Saltzman teilte, gab man ihm dann doch einen Makel in Form einer Augenklappe. Der Sizilianer Adolfo Celi spielte Largo dann auch eher als den gesetzten älteren Herren, der als Gegenspielertyp in der Sechzigern vorherrschte.

Kershner und Connery wollten den Maximilian Largo in der Neuverfilmung bewusst anders anlegen. Kershner sah ihn eher als machthungrigen Geschäftsmann: "I wanted the antagonist to be contemporary, and a contemporary antagonist to me was a greedy businessman. The corporations have gotten away with murder and they're changing our world. [...] He should also be a believable, powerful antagonist who could be said to be insane, but is not. If he's insane then he can make no choices. I wanted someone who could make choices, and his choice was power."* (Dieser Ausspruch hätte genausogut von Mark Forster für den Charakter des Dominic Greene stammen können...)

Obwohl Kershner Brandauers Arbeit und seine Balance zwischen Wahnsinn und Cleverness lobte, gestaltete sich die Zusammenarbeit nicht einfach, vor allem aufgrund des unausgereiften Drehbuchs und der ständigen rechtlichen Interventionen durch Eon: "But I had problems directing [Brandauer] because he was always testing the director. He's a very bright man. And he was constantly putting me through the hoop, and I'd have to jump." Autor Dick Clement, der zeitweise an einer Überarbeitung des Drehbuches mitwirkte, erinnerte sich, dass sich beispielsweise Szenen zwischen Largo und der von Kim Basinger gespielten Domino ewig hinzogen: "They were really ponderous scenes. It was as if the actors didn't trust the script at that point, with some reason." Laut Clement wirkte sich das dürftige Drehbuch negativ auf die Schauspieler aus: "Brandauer, who can be a very fine actor, was doing the sort of things that actors do when they don't trust the text; in other words falling back on every trick that they've ever done."*

Nichtsdestotrotz erwies sich Brandauers Largo als einer der wenigen Aspekte des Films, die von Kritikern einhellig gelobt wurden. Das People Magazin schrieb beispielsweise: "It's the kind of performance that should be shown in acting classes - understated, tense and full of intelligence. He becomes one of the screens most convincing psychotics." Seine Art der Darstellung sollte sich auf die "offizielle" Bondreihe auswirken. (Zu den Auswirkungen von NEVER SAY NEVER AGAIN auf die Eon-Reihe, speziell des Gegenspielers, möchte ich noch in einem gesonderten Beitrag eingehen) Der Film bedeutete auch den endgültigen Durchbruch für Klaus Maria Brandauer, der 1990 in THE RUSSIA HOUSE auch noch einmal mit Connery zusammenarbeitete. Er erhielt mehr amerikanische Kritikerpreise als jeder andere deutschsprachige Filmschauspieler.


Bond & Beyond gratuliert mit einem abgewandelten Largo-Zitat: Sie waren ein fabelhafter Gegenspieler! Hier noch ein Überblick über Fernsehsendungen anlässlich des Geburtstages von Klaus Maria Brandauer in den nächsten Tagen:

Sonntag, 23. Juni
3sat, 11:55: "Ich bin's am Ende immer selbst"

BR-aplha, 23:35: "Heut abend: Klaus Maria Brandauer"
Zu Gast bei Joachim Fuchsberger

Montag, 24. Juni
MDR, 22:50: "Mephisto"

Dienstag, 25. Juni
3sat, 20:15: "Die Auslöschung"
Nikolaus Leytners Alzheimer-Drama "Die Auslöschung" ist die Geschichte einer großen Liebe, die auf den Prüfstand kommt, als beim Mann eine schwere Demenzkrankheit diagnostiziert wird. In den Hauptrollen Klaus Maria Brandauer und Martina Gedeck.

Sonnabend, 29. Juni
BR-alpha, 19:30: Klaus Maria Brandauer - Der Spieler

Hier auch noch ein Überblick über Sendungen im österreichischen Fernsehen.


* alle Zitate aus The Battle for Bond, Robert Sellers, 2008, Tomahawk Press

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