Sonntag, 16. Dezember 2012

"James Bond - Anatomie eines Mythos"

Der aktuelle Bondfilm SKYFALL bricht zur Zeit alle Rekorde und hat mittlerweile sogar GOLDFINGER auf der Liste der erfolgreichsten Filme aller Zeiten überholt - auch inflationsbereinigt. Mehr denn je ist die Frage nach den Ursachen für den anhaltenden Erfolg des popkulturellen Phänomens Bond aktuell. Der Band "James Bond - Anatomie eines Mythos" beschäftigt sich mit eben diesen Ursachen und Hintergründen aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven. Von Literatur- und Sprachwissenschaft über Musikwissenschaft und Physik bis hin zu Theologie reicht dabei das Spektrum. Die einzelnen Beiträge liefern selbst für Kenner der Materie sehr interessante und neue Einblicke und Erkenntnisse.

Der erste Teil widmet sich dem literarischen James Bond, dessen Entstehung sowie Ian Flemings erzählerischen Techniken und Strategien. Bemerkenswert fand ich hier den Beitrag von Marc Föcking über den Wandel der literarischen Einordnung der Fleming-Romane, am Beispiel eines Essays von Umberto Eco aus den 1960ern.

Im zweiten Teil geht es um kulturelle, geopolitische, physikalische und musikalische Aspekte der Bondfilme und Parodien. In einem Beitrag über die Bondgirls wird auf die Entwicklungen der Franchise in Bezug auf weibliche Charaktere, aber auch das weibliche Publikum eingegangen. Sehr aufschlußreich ist auch der Beitrag "Soundtrack des Mythos" des Musikwissenschaftlers Tobias Janz. Hier werden exemplarisch ein Titelsong sowie das musikalische Design zweier Filmszenen untersucht, was meine Wertschätzung für den Bondkomponisten John Barry noch vergrößert hat. Metin Tolan - der als Professor für Experimentelle Physik bereits ein sehr lesenswertes Buch über die Physik der Bondfilme verfasst hat - geht auf verschiedene ikonische Szenen aus GOLDFINGER ein.

Die beiden letzten Beiträge beleuchten schließlich mythologische und philosophische Bezüge von James Bond. Zum einen Parallelen zur Figur des Odysseus, zum anderen das Thema Opfer und Erlösung im modernen Blockbuster-Kino, am Beispiel von James Camerons AVATAR und den Bondfilmen. (Letzteres fand ich insofern höchst interessant, dass das dem Thema einer Arbeit in meinem Filmwissenschaftsstudium sehr ähnlich war - Bezüge zur jüdisch-christlichen Religion in den Filmen James Camerons.)

"James Bond - Anatomie eines Mythos" ist ein sehr aufschlussreiches und lesenswertes Buch für alle, die sich für James Bond als zeiten-überdauernden modernen Mythos interessieren.

James Bond - Anatomie eines Mythos
Marc Föcking, Astrid Böger (Herausgeber)
Universitätsverlag WINTER Heidelberg
1. Auflage 2012, 304 Seiten
Reihe: Beiträge zur neueren Literaturgeschichte
ISBN: 978-3-8253-5878-5
Preis: 35,- €

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