Doch die entscheidende Frage für BOND 25 ist eine ganz andere.
Der To-Do-Liste von Craigs Bond hatte ich mich nach SKYFALL hier schon mal gewidmet: 7 Dinge, die Daniel Craig als Bond noch tun muss. Interessanterweise wurden vier davon in SPECTRE erledigt: Eine Szene in seiner Wohnung, eine Gadget-Armbanduhr benutzen, den Film mit der Leading Lady im Arm beenden (mehr oder weniger) und einen Countdown zu einer globalen Bedrohung stoppen (auch mehr oder weniger).
Übrig bleiben: eine Navy-Uniform tragen, Tauchen und Skifahren. Schön wäre vielleicht auch mal wieder ein Showdown in einem riesigen Schurkenversteck, mit sich bekämpfenden Armeen. Fans fällt hier sicher noch vieles mehr ein. Letztlich dürften das aber Dinge sein, die weder Daniel Craig noch Danny Boyle vorrangig interessieren. Ihnen geht es vermutlich eher um die Sachen, die Bond noch nie getan hat. Wie etwa... sterben. So richtig natürlich, nicht nur für zwei Sekunden, wie in DIE ANOTHER DAY oder CASINO ROYALE. In dieser Kategorie wären auch: Nachwuchs bekommen (wurde aber schon für QUANTUM OF SOLACE verworfen), das Gedächtnis verlieren, vor Gericht angeklagt oder von der Gegenseite korrumpiert werden.
Der Heldentod ist seit dem Marvel-Erfolg LOGAN sicher eine Option, die schon mal im Raum stand. Und wenn man die Serie nicht dauerhaft einstellen will (was mich bei dem von EON an den Tag gelegten Elan leider auch nicht mehr wundern würde), wäre es durch einen kompletten Reboot mit neuem Darsteller danach grundsätzlich möglich. In Science-Fiction-Franchises wie STAR TREK ruhen selbst die Hauptcharaktere ja mittlerweile niemals wirklich in Frieden und sterben fast routiniert. Eine im Voraus geplante Auferstehung per Reboot würde allerdings doch recht stark nach Zuschauer-Verarschung riechen.
Das eigentliche Novum, das EON anstrebt, dürfte aber ein gelungener und sehr guter Abschiedsfilm für eine Ära sein. Wenn man sich die Franchsie-Historie anschaut, ist ihnen das bisher nie geglückt. Selbst Ian Fleming scheiterte an der Aufgabe, seinem literarischen Ur-Kanon einen qualitativ hochwertigen Abschluss zu geben. The Man With The Golden Gun zählt eher zu den schwächeren Romanen.
Sir Sean Connerys offizieller Schwanengesang DIAMONDS ARE FOREVER hat durchaus seine Fans, aber selbst bei denen ist er nie auf den ersten drei Plätzen. Obwohl es Connery hier schaffte, seiner Darstellung noch einmal eine neuartige, sehr selbstironische Note zu verleihen - die gewissermaßen das gesamte Jahrzehnt definierte und vorwegnahm - ist der Film verglichen mit seinen früheren Filmen eher enttäuschend.
Mit NEVER SAY NEVER AGAIN hatte er mehr als eine Dekade später die einmalige Chance, sich doch noch mit einem denkwürdigen Feuerwerk von der Rolle zu verabschieden, doch irgendwie sollte es nicht sein. Auch dieser Film zählt eher zu der Kategorie "Ganz nett, aber...". Immerhin kann man EON nicht dafür verantwortlich machen.
Bei Sir Roger Moore hätte potentiell jeder Bondfilm seit MOONRAKER der Abschiedsfilm sein können, hätte er bei den Gagenverhandlungen nicht letztlich eingewilligt. FOR YOUR EYES ONLY wäre da wohl der perfekte Kandidat für einen Ausstieg gewesen. Auch OCTOPUSSY hat großartige Momente und hatte immerhin das historische Duell Moore gegen Connery für sich entschieden. Aber Roger Moore ließ sich noch auf einen weiteren Film ein, der dann weder Fans noch Kritiker sonderlich begeisterte, obwohl er noch einmal alle Kernelemente seiner Ära enthielt.
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Während die Debüts der jeweiligen Darsteller zu den größten Erfolgen und Meilensteinen der Reihe gehören, scheint der finale Film einer längeren Ära eines Bonddarstellers grundsätzlich unter einem schlechten Stern zu stehen - egal wie viel Aufwand man hineinsteckt, und egal wie viel Zeit man vergehen lässt, um Abstand von eingefahrenen Routinen zu bekommen. Es wirkt fast so, als könne man dem Zahn der Zeit nicht entkommen, der unsichtbaren Betriebsblindheit und dem ewigen Kreislauf, der unerbittlich nach Erneuerung ruft. Und vielleicht ist das auch gut so, denn eine zur Last gewordene Ära war ja schließlich auch immer der fruchtbare Boden, auf dem Klassiker wie THE LIVING DAYLIGHTS oder CASINO ROYALE gedeihen konnten.
Vielleicht war EON deshalb so offen für das frische Input eines Außenstehenden, und vielleicht ist das tatsächlich die beste Entscheidung, um diesem 'Fluch' des enttäuschenden Abschlussfilms zu entgehen. Für die bisherigen Stammautoren Neal Purvis und Robert Wade ist diese Praxis natürlich wenig erfreulich, aber als Teil des Systems hätten sie vielleicht auch nichts besseres abliefern können, trotz aller Bemühungen.
Nachdem bereits SPECTRE deutliche Zeichen von zyklischer Ermüdung zeigte (siehe dazu auch hier), wird es spannend sein zu sehen, wie BOND 25 diesem 'Franchise-Fluch' zu entkommen versucht. Daniel Craig ist der Bond, der zahlreichen festgefahrenen Klischees gerade dadurch entging, dass er nicht den ausgetretenen Pfaden folgte. Die 'unmögliche Mission' eines seiner Ära würdigen Abschiedsfilms wäre ihm daher durchaus zuzutrauen. Ich wünsche es ihm auf jeden Fall.