Gestern mittag wurde der mit Spannung erwartete Titel des neuen Bondabenteuers bekannt gegeben. Wie sind die Reaktionen der deutschen Tagespresse auf die offensichtliche Rückkehr von Bonds alter Nemesis, wahrscheinlich in Form des österreichsichen Oscarpreisträgers Christoph Waltz - bei gleichzeitigem Fehlen wichtiger Informationen zu Handlung oder Bösewicht? Bei der WELT, der Berliner Morgenpost und einigen anderen schafften es 007 und sein neuer Wagen sogar auf die Titelseite.
Die Süddeutsche Zeitung titelt "Bitte mit Katze!": "Selbst die Ankündigung neuer Bondfilme ist inzwischen ein Drama". Und: "Chef dieser finsteren Truppe [Spectre] ist kein anderer als der Superschurke Ernst Stavro Blofeld, der schon in sieben Filmen aufgetaucht ist - meist glatzköpfig und oft mit einer schneeweißen, blauäugigen Angorakatze auf dem Schoß. Soll Waltz also großen Blofeld-Darstellern wie Telly Savalas, Donald Pleasence und Max von Sydow folgen? Wenn ja, dann bitte richtig - mit Glatze und Katze und allem drum und dran. Dass er ohne Haare eine gute Figur macht, kann man in Terry Gilliams aktuellem Kinofilm "The Zero Theorem" jedenfalls schon mal nachprüfen."
DIE WELT schreibt gleich auf ihrer Titelseite: "Liebhaber streiten darüber, wer der beste James Bond war: Sean Connery, Roger Moore oder doch Daniel Craig? Ganz sicher sind sich alle, dass es nur ein Bond-Auto geben kann. Und das produziert - trotz Intermezzi von BMW und Lotus - die traditionelle britische Sportwagen-Schmiede Aston Martin. Am Donnerstag wurde am Donnerstag in London der neue DB 10 von Bondregisseur Sam Mendes vorgestellt. Ein Hypersportwagen, den es nur zehnmal geben wird. A Star is born."
Im Innenteil heißt es unter der Überschrift Deutschsprachiger Bösewicht und französische Femme fatale: "Die deutsche (gut: österreichische) Machtübernahme bei "James Bond Nr. 24" ist gelungen. Christoph Waltz wird in "Spectre" die Hauptschurkenrolle spielen [...] Waltz wird Ernest Blofeld spielen, den Mann an der Spitze der fiktiven globalen Terrororganisation Spectre aus den Fleming-Romanen; die Frage ist, ob er auch mit Glatze und Kätzchen im Schoß auftreten soll wie Donald Peasence in "Man lebt nur zweimal".
Die taz reibt sich interesssanterweise weniger an Blofeld und seiner Katze, sondern an Waltz' Alibinamen "Oberhauser". "'Namen sind was für Grabsteine, Baby!', sagte einst Mr. Big zu Bond in "Leben und sterben lassen". Namen können aber auch sehr lebendig sein. [...] Der Gegenspieler von 007 heißt "Oberhauser". Und vermutlich lautet sein Vorname dann "Centro" - wie das Einkaufszentrum im niederrheinischen Schreckensort Oberhausen. Ist doch die ganze Stadt eine einzige Zentrale des Bösen und das "Centro" ein Stahl gewordener Albtraum abgrundtiefer Hässlichkeit. So logisch war noch nie eine Bondfigur."
Die Mitteldeutsche Zeitung trinkt Einen Martini auf James Bond: "Auf "Skyfall" folgt nun "Spectre, wie wir dem total authentischen Live-Stream auf unserem mobilen Endgerät entnehmen konnten. Ein leicht enttäuschender Filmtitel. Wo "Skyfall" noch Himmelswelten und Bungee-Jumping in italienischen Maßanzügen assoziierte, klingt nun "Spectre" irgendwie banal. Das Übersetzungsprogramm Leo schlägt poetisch-neblige Bedeutungen wie "Geist, Phantom, Schemen" vor, was aber nicht verhindert, dass rein lautmalerisch und völlig unrichtig das Wort "Spektrum" in unser Gehirn einrückt."
Auch die Berliner Morgenpost hat Bonds Flitzer auf der Titelseite, Für England, James heißt es im Kulturteil. "Spectre" ist der Name des Films, der am Donnerstag in den Londoner Pinewood-Studios vorgestellt wurde. Was Fans elektrisieren dürfte, ist für alle anderen Liebhaber der Filmreihe wohl eher nebensächlich. Die große Nachricht ist: Den Bösewicht spielt niemand anderer als Christoph Waltz. [...] Dieses Mal heißt der Bösewicht "Oberhausen" (sic), aber Waltz meinte, die Fan würden sicher hoffen, dass er Blofeld spielen werde. [...] In jedem Fall wird Waltz kein leichter Gegenspieler für 007 und schauspielerisch wohl auch kein leichter für den kratzigen Daniel Craig, der zum vierten Mal als 007 antritt. Ein James Bond, den Fans von Sean Connery und Pierce Brosnan immer noch verabscheuen, der aber trotz aller Anfechtungen inzwischen längst seine eigene Fangemeinde hat."
(Komisches Bild, was da bei manchen Journalisten von den Fans herrscht. Ich mag Connery und Brosnan, "verabscheue" aber deswegen Craig nicht.)
"Der Filmstart ist für Herbst 2015 anvisiert. Genug Zeit also, darüber zu spekulieren, ob Blofeld als Erzschurke wirklich ein Comeback bekommt. Unwahrscheinlich ist es nicht, denn auch wenn die Macher beim Wechsel von Pierce Brosnan zu Daniel Craig zunächst mit allen Traditionen brachen, so kamen sie durch die Hintertür doch alle wieder zurück. [...] Warum also nicht Blofeld."
Die Sächsische Zeitung fand die Bondstars Zugeknöpft im Blitzlichtgewitter. "Sich zeigen, aber bloß nichts verraten, so lautete gestern die Devise bei der Vorstellung der neuen James-Bond-Besetzung. [...] Schauspieler, Regisseur und Produktionsteam taten gestern fast alles, um nicht zu viel von der Handlung des neuen Bond zu verraten. Besonders Waltz gab sich zugeknöpft. Was ihn besonders am neuen Bond fasziniere, wurde er gefragt. 'Das Auto', antwortete der gebürtige Wiener wortkarg."
BILD ist wie immer euphorisch: "Gigantisch: Oscar-Held Christoph Waltz (58, "Django Unchained") übernimmt tatsächlich den Part des Bösewichts Blofeld!"
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