Montag, 26. August 2013

Zwischen Formelhaftigkeit und Reizüberflutung

Hollywood, Los AngelesNachdem in diesem Jahr einige Blockbuster floppten, die als relativ sichere Bank galten - darunter WHITE HOUSE DOWN, PACIFIC RIM und THE LONE RANGER - gibt es zunehmend Diskussionen darüber, was im aktuellen Sommer-Popcorn-Kino falsch läuft. (Siehe unter anderem SZ oder Zeit) Wenn selbst Steven Spielberg und George Lucas, die den Blockbuster in den Siebzigern aus der Taufe hoben, derzeitige Big-Budget-Produktionen kritisieren, muss wohl tatsächlich einiges schieflaufen. Stehen die Filmdinosaurier kurz davor, aufgrund ihrer übersteigerten Größe zu sterben?





Spielberg prophezeit, dass es nach dem Flop mehrerer sogenannter Tentpole-Movies zu einer Implosion des ganzen Hollywoodsystems kommen werde, nach der man sich neu orientieren müsse. Auch andere Regisseure kritisieren die momentane Situation, wie Quentin Tarantino, Ron Howard oder Steven Soderbergh. Soderbergh ist ganz pessimistisch und glaubt nicht an eine Erneuerung Hollywood, selbst nach einer Implosion. Er sieht mehr kreativen Spielraum bei Fernsehproduktionen wie Breaking Bad oder Mad Men.

Neben den überzüchteten Budgets steht auch eine gewisse Formelhaftigkeit in der Kritik. Da in Hollywood immer mehr Manager das Sagen haben, haben Drehbuchgurus dementsprechend Hochkonjunktur, da sie umfassende Analysen der Klassiker und erfolgversprechende Story-Modelle anbieten. So sollte es beispielsweise nicht verwundern, dass in SKYFALL und STAR TREK INTO DARKNESS ähnlich wie in THE DARK KNIGHT der Antagonist so ziemlich genau in der Mitte des Films gefangengenommen wird, nur um kurz darauf zu enthüllen, dass dieser Sieg nur Teil seines Plans war, und der vermeintliche Höhepunkt ein sogenannter 'false victory'. Auch die Themen der Blockbuster ähneln einander immer mehr. Superhelden, Riesenroboter, Zombies etc. duellieren sich und zerstören nebenbei einen Großteil des Planeten. Drehbuchautor Damon Lindelof findet dafür die treffende Bezeichnung 'destruction porn'. (siehe hier)

Auch die nicht-computergenerierte Action tendiert oft zu Masse statt Klasse. In einem sehr lesenswerten Beitrag schreibt Nick Schager, dass bei Actionszenen mehr auf Reizüberflutung durch ein schnell geschnittenes Überangebot aus Perspektiven gesetzt wird als auf eine durchgeplante Choreographie. In der Folge wird die Inszenierung auf Second Units ausgelagert, während die Filme an sich action-unerfahrenen Regisseuren übertragen werden. Bestes Beispiel ist QUANTUM OF SOLACE:

While no studio exec would dare hand over an Oscar-hopeful drama to Michael Bay, the opposite model—Hey, Marc Forster directed "Finding Neverland," so he's obviously the ideal candidate for a Bond film!—now reigns supreme.

Als Gegenbeispiel nennt Schager CASINO ROYALE:

Similarly, Martin Campbell's 2006 "Casino Royale" is a testament to old-school genre craftsmanship, full of immaculately executed set pieces whose momentum rises and falls with musical grace. "Royale" is more aesthetically aligned with "Die Hard" than Marc Foster's follow-up, "Quantum of Solace", whose shaky, fast-cut action scenes were largely subcontracted out to the second unit from the "Bourne" sequels.

Hier ein interessantes Video-Essay zu diesem Thema, sowie ein deutscher Artikel zum Thema auf dem sehr lesenswerten Drama-Blog.

Abzuwarten bleibt, wie die weitere Blockbuster-Entwicklung Bond betrifft. SKYFALL war neben IRON MAN 3 einer der wenigen Blockbuster der letzten Zeit, die die Erwartungen nicht nur erfüllten, sondern übertrafen. Trotzdem könnten MGM und Sony den Druck auf das Bondfranchise erhöhen bei gleichzeitig niedrigeren Budgets, zumal Sony mit AFTER EARTH und WHITE HOUSE DOWN die "2013er Versionen von WATERWORLD und ISHTAR" ablieferte.

Bild von morguefile.com

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